Amnesty International
29. Januar 2018
"Die letzten Razzien in Schönheitssalons sind das neueste Beispiel der Behörden, dass sie willkürlich Trans*-Personen als Zielscheibe aussuchen, allein weil sie sind, wer sie sind. Obwohl sie keine Straftat begangen haben, ist Aceh zu einem zunehmend feindseligen Ort für LGBTI-Menschen geworden.
"Die Haare der Verhafteten zu schneiden, um sie "maskulin" zu machen und sie dazu zu zwingen, sich wie Männer zu kleiden, ist eine Form der öffentlichen Beschämung und eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, die den internationalen Verpflichtungen Indonesiens widerspricht. Dies ist Teil eines langjährigen Musters, LGBTI-Menschen in der Region zu belästigen und zu diskriminieren, das sofort beendet werden muss."
Die Polizei hat alle Trans*Personen am 28. Januar ohne Anklage freigelassen. Der örtliche Polizeichef sagte den Medien, dass sie die Trans*Personen für ein "Erziehungsprogramm" inhaftiert hätten, um sie zu "normalen" Männern zu machen.
"Die sogenannte ´Umerziehung´von trans*Personen durch die Polizei ist nicht nur entwürdigend und inhuman, sie ist auch ungesetzlich und stellt eine klare Verletzung ihrer Menschenrechte dar. Solche Vorfälle müssen sofort und wirkungsvoll untersucht werden", sagt Usman Hamid.
"In Aceh sind es nicht nur trans*Personen, die sich Schikanen, Einschüchterung und Angriffen ausgesetzt sehen - alle LGBTI Personen sind ernsthaft bedroht. Die Polizei ist da, um alle zu schützen, nicht um sie zu entwürdigen und ihre Rechte zu verletzen."
Hintergrund
Am 27. Januar verhaftete die Polizei in Nord-Aceh 12 Trans*-Personen und schloss fünf Schönheitssalons, in denen sie arbeiten, nachdem sich Anwohner über ihre Aktivitäten beschwert hatten. Die Polizei schnitt ihnen auch die Haare ab und zwang sie, während der Razzien Männerkleidung zu tragen.
Dieser Vorfall ereignete sich wenige Wochen, nachdem ein Hotel von lokalen Bewohnern und Organisationen überfallen wurde und am 17. Dezember 2017 sechs Trans*-Personen den Strafverfolgungsbehörden übergeben wurden, nachdem bekannt wurde, dass ein Trans*-Schönheitswettbewerb stattfand, der nach ihrer Meinung das Sharia Gesetz in Aceh verletzen würde.
Eine weitere Verletzung des absoluten Verbots von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung fand im Mai 2017 statt, als zwei Männer 83 Mal öffentlich ausgepeitscht wurden, nachdem sie vom Banda Aceh Shari'a Gericht nach dem Aceh Islamic Criminal Code wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen verurteilt worden waren (Liwath). Die Scharia-Statuten sind seit dem Inkrafttreten des Sonderautonomiegesetzes der Provinz im Jahr 2001 in Aceh in Kraft und werden von islamischen Gerichten durchgesetzt. Doch dies war das erste Mal, dass auf schwule Männer in der Provinz Scharia-Gesetzen angewandt wurden.
LGBTI-Gruppen sehen sich auch in anderen indonesischen Regionen strafrechtlich verfolgt. Am 25. Mai 2017 wurden in Nord-Jakarta 141 Männer von der örtlichen Polizei festgenommen, nachdem sie laut Polizei an einer "Homosexuellen-Sex-Party" teilgenommen hatten. Am nächsten Tag gab die Polizei 126 Männer frei, aber beschuldigte 10 von ihnen mit der Bereitstellung von "Pornographischen Diensten" nach dem Gesetz Nr. 44/2008 über Pornografie.
Mit Ausnahme von Aceh werden einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht als Straftaten nach dem indonesischen Strafgesetzbuch behandelt. Zusätzlich zu dem ohnehin schon feindseligen Umfeld für LGBTI-Personen in Indonesien hat eine Gruppe von Abgeordneten im Repräsentantenhaus eine vorgeschlagene Änderung des Strafgesetzbuches vorgeschlagen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren würde.