AMNESTY INTERNATIONAL
„Indem Thailand möglicherweise das dritte Land in Asien wird, das die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert, hat es die Möglichkeit, ein mutiges Beispiel für die Rechte von LGBTI-Personen in dieser Region zu schaffen. Das Gesetzespaket und die Debatten darüber im Parlament stellen einen Moment der Hoffnung für die Rechte von LGBTI-Personen in Asien dar, auch wenn es noch viel zu tun gibt, um sie vollständig zu schützen.
Die endgültige Fassung der Gesetzesentwürfe darf die Forderungen nach einem umfassenden Recht auf Familienleben, einschließlich des Zugangs zu Adoption und Erbschaft für LGBTI-Paare, sowie die Forderungen nach der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare als 'Ehepartner*innen' auf gleicher Ebene mit andersgeschlechtlichen Paaren nicht verwässern.
Wie LGBTI-Aktivist*innen systematisch gezeigt haben, gehen die Bemühungen um eine Ausweitung der Rechte für LGBTI-Personen nicht annähernd weit genug, um die nach internationalem Recht garantierten gleichen Rechte zu gewährleisten. Diese Gesetzesentwürfe bringen Thailand auf einen neuen Weg, der dieses Unrecht korrigieren könnte.
Wenn das Gesetz in erster Lesung verabschiedet wird, sollte das thailändische Parlament auf der Dynamik aufbauen und der sofortigen Verabschiedung weiteres Gesetzesentwürfe Vorrang einräumen, wobei die feierliche Reaktion als Zeichen dafür gewertet werden sollte, dass das Land nach Gleichberechtigung strebt. Die Gesetzgeber*innen im Parlament sollten der thailändischen LGBTI-Gemeinschaft auch weiterhin zeigen, dass sie ihre Stimmen, Wünsche und Sichtweisen hören und wertschätzen.
Die gesetzliche Verankerung der vollständigen Gleichstellung der Ehe ist nicht nur eine Botschaft an die übrige Region, sondern auch an den Rest der Welt, zu einer Zeit, in der Länder auf der ganzen Welt veraltete Gesetze erneuern und integrativere Gesellschaften aufbauen.“
Hintergrund:
Am 21. Dezember begann das Unterhaus des thailändischen Parlaments mit der Erörterung eines Gesetzespakets, das vom Kabinett, der oppositionellen Move Forward Party und zivilgesellschaftlichen Organisationen vorgeschlagen worden war. Wenn es verabschiedet wird, wird die gleichgeschlechtliche Ehe in Thailand legal. Die Gesetzentwürfe müssen mehrere Lesungen und Genehmigungsverfahren durchlaufen, bevor sie in Kraft treten. Wann dies der Fall sein wird, ist noch unklar.
Amnesty International unterstützt eine umfassende und integrative Gesetzgebung, die LGBTI-Personen in allen Bereichen, auch in der Ehe, gleiche Rechte garantiert, und ermutigt die Gesetzgeber*innen, sich auf einen Gesetzesentwurf zu einigen, der im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards steht.
Thailand verabschiedete 2015 das Gesetz zur Gleichstellung der Geschlechter, das rechtlichen Schutz vor geschlechtsspezifischer Diskriminierung, einschließlich der ungerechten Behandlung von LGBTI-Personen, bieten soll. Das Gesetz erlaubt jedoch immer noch die Rechtfertigung der Diskriminierung von LGBTI-Personen aus religiösen Gründen oder aus Gründen der nationalen Sicherheit. In der Zwischenzeit gibt es immer noch keine gesetzliche Geschlechtsanerkennung, die es trans* und nicht-binären Menschen erlauben würde, ihren Titel oder ihr Geschlecht in den offiziellen Unterlagen zu ändern.
Im November 2021 bestätigte das thailändische Verfassungsgericht den Status quo, indem es entschied, dass Gesetze, die die Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau anerkennen, nicht gegen die Verfassung verstoßen. Das Gericht forderte die thailändischen Gesetzgeber*innen jedoch auf, Gesetze auszuarbeiten, die die Rechte von Menschen mit unterschiedlichen Geschlechtern garantieren.
Taiwan ist seit 2019 das erste Land in Asien, das die gleichgeschlechtliche Ehe anerkennt. In diesem Jahr wurde Nepal das zweite Land, und im November registrierten die lokalen Behörden die erste gleichgeschlechtliche Ehe.