AMNESTY INTERNATIONAL
„Seit Jahren haben die ungarischen Behörden trans* Personen und Schutzsuchende ins Visier genommen, um die Menschenrechte zurückzudrängen. Die heutigen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des EU-Gerichtshofs, die unmissverständlich feststellen, dass die Regierung die Rechte von trans*gender Personen und Schutzsuchenden verletzt hat, sind eine willkommene Entwicklung.“
„Die heutige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sendet sowohl an trans* Personen in Ungarn als auch an die Regierung die wichtige Botschaft, dass der Kampf um ein wirksames und zugängliches Verfahren zur rechtlichen Geschlechtsanerkennung noch lange nicht vorbei ist. Die Regierung muss dringend ihre hasserfüllte Kampagne gegen LGBTI-Menschen beenden - und gleiche Rechte für alle Menschen in Ungarn garantieren.“
„Das EU-Recht sieht vor, dass Menschen das Recht haben Asyl zu beantragen. Es ist ebenso lächerlich wie undurchführbar, dass die ungarischen Behörden von Schutzsuchenden verlangen, vor der Einreise ins Land eine Genehmigung aus dem Ausland einzuholen. Indem das Land Asylbewerber, die in Ungarn ankommen, zwingt, sich an seine Botschaften in Serbien und der Ukraine zu wenden, um eine Einreisegenehmigung zu beantragen, verstößt es gegen das EU-Asylrecht, das besagt, dass Asylverfahren 'wirksam, einfach und schnell' sein müssen.“
Hintergrund
In dem Urteil über die rechtliche Anerkennung des Geschlechts in Ungarn befasste sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vor Mai 2020, als die ungarische Parlamentsmehrheit ein Gesetz verabschiedete, das vorschreibt, dass das Geschlecht einer Person bei der Geburt in das nationale Geburts-, Heirats- und Sterberegister eingetragen werden muss - und dies später nicht mehr geändert werden kann. Das Gesetz hindert trans*gender Personen daran, ihren Namen entsprechend ihrer Geschlechtsidentität eintragen zu lassen und entsprechende Dokumente zu erhalten.
Amnesty International sammelte im Jahr 2020 mehr als 100.000 Unterschriften zur Unterstützung von trans* Personen in Ungarn. Der Gerichtshof stellte fest, dass Ungarn dadurch, dass es kein angemessenes Verfahren für die rechtliche Anerkennung des Geschlechts vorsieht, das Recht auf Privatleben verletzt hat, was zu langfristigen psychischen Folgen für die Antragsteller*innen führte. Der Gerichtshof wies erneut darauf hin, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, wirksame und zugängliche Verfahren für trans*gender Personen zur Änderung ihres Geschlechts bzw. ihrer Geschlechtsmarkierung zu gewährleisten.
Im April 2022 organisierte die ungarische Regierung ein nationales Referendum, um ein Gesetz zu unterstützen, das die "Darstellung und Förderung von Homosexualität und Geschlechtsumwandlung" in Schulen und in den Medien verbietet. Amnesty International Ungarn, die Háttér-Gesellschaft und 12 Organisationen der Zivilgesellschaft mobilisierten daraufhin mehr als 1,7 Millionen Menschen und machten das Referendum ungültig.