Amnesty International ist besorgt darüber, dass das Verbot des Pridemarsches die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern (LGBT) auf friedliche Versammlungsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung ohne Diskriminierung verletzt. Den Informationen zufolge, die Amnesty International zur Verfügung stehen, bewarben sich die Organisatoren des Pride Marsches, die Stiftung Mission Regenbogen, am 3. April, um die Veranstaltung und seine Route anzumelden. Sie planen, beim städtischen Budapester Gericht gegen den Budapester Polizeibeschluss Einspruch zu erheben.
Der Beschluss der Budapester Polizei rechtfertigte das Verbot mit der Begründung, dass der Pride Marsch negative Konsequenzen auf den Verkehr habe, der nicht auf alternative Routen umgeleitet werden könne. Der Beschluss betont, dass die Ausübung des Rechts auf friedliche Versammlungsfreiheit durch die Teilnehmer am Pride die Bewegungsfreiheit derjenigen beeinträchtige, die nicht daran teilnehmen.
Obwohl Staaten die Rechte auf friedliche Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit einschränken dürfen, um ein Ziel zu erreichen, das gemäß dem internationalen Menschenrecht legitim ist, sollte jede Einschränkung angemessen und notwendig sein, um dieses Ziel zu erreichen. In diesem Fall ist das Verbot des Pridemarsches keine angemessene Einschränkung. Die von den Organisatoren vorgeschlagene Route wurde zum Abhalten anderer Märsche und Demonstrationen regelmäßig genutzt, einschließlich in jüngst vergangenen Wochen. Unterbrechung des Verkehrs allein ist kein legitimes Ziel, für das das Ausüben die Rechte auf friedliche Versammlungsfreiheit und auf Meinungsfreiheit eingeschränkt werden können. Die Bewegungsfreiheit derjenigen, die nicht am Pridemarsch teilgenommen haben, würde in diesem Fall nur teil- und zeitweise eingeschränkt werden.
Amnesty International fordert die ungarische Polizei und die Regierungsbehörden dazu auf, das Verbot des Pridemarsches sofort aufzuheben, damit Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender individuell und in Gruppen ihre Rechte auf Meinungsfreiheit und friedliche Versammlungsfreiheit ohne Diskriminierung ausüben können, einschließlich der Kooperation entsprechender Behörden mit den Organisatoren, damit sie in der Lage sind, den Pridemarsch 2012 vorzubereiten und an ihm teilzunehmen, ohne dabei blockiert, behindert oder bedroht zu werden.
Hintergrund
Die Rechte auf friedliche Versammlungsfreiheit und auf Meinungsfreiheit sind in mehreren Menschrechtsdokumenten anerkannt, wie etwa dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (ECHR), zu deren Vertragsstaaten Ungarn gehört.
Einschränkungen der Rechte auf friedvolle Versammlung und auf Meinungsfreiheit sind vor dem internationalen Gesetz nur insofern zulässig, als dass sie vorgeben, ein legitimes Ziel zu erreichen – wie etwa den Schutz der öffentlichen Sicherheit, der Ordnung, der Gesundheit, der Moral oder der fundamentalen Rechte und Freiheiten anderer – und dass sie angemessen und notwendig für das Erreichen dieses Ziels sind.
Im letzten Jahr verbot die Budapester Polizei den Gay Pridemarsch vom 11. Februar 2011 mit ähnlichen Begründungen wie denjenigen, die in der vom Leiter der Budapester Polizei am 6. April 2012 herausgegebenen Begründung enthalten sind. 2011 folgte der städtische Budapester Gerichtshof dem Einspruch der Organisatoren und machte das Verbot rückgängig.
Zusätzliches Material:
Öffentliche Erklärung “Ungarische Behörden müssen Freiheit friedvoller Versammlung und Nicht-Diskriminierung von LGBT Menschen gewährleisten“,
AI Index: EUR 27/002/2011,
http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR27/002/2011/en
Öffentliche Erklärung “Gericht hebt Verbot des Pridemarsches 2011 auf”,
AI Index EUR 27/003/2011,
http://www.amnesty.org/en/library/asset/EUR27/003/2011/en/733b5a53-678d-42db-9718-4c0b198d1f83/eur270032011en.html