Nach einer umfangreichen Umstrukturierung ist Emily Gray seit Januar 2011 die neue Koordinatorin für Menschenrechtsarbeit zu LGBT-Themen in einer Vollzeit-Position. Queeramnesty führte mit ihr im Internationalen Sekretariat von Amnesty International ein Interview.
Emily, welche beruflichen Stationen brachten Sie zu Amnesty International?
Emily Gray: Ursprünglich war ich Rechtsanwältin in Australien und arbeitete als Researcher für einen Richter, danach für die Australian Human Rights Commission im LGBT-Bereich. Ich arbeitete auch im Vorstand der Australischen LGBT-Lobby-Vereinigung. Seit 2 Jahren bin ich nun in England, wo ich zuerst als Parlamentarische Rechtsbeauftragte (parliamentary legal officer) zum Gleichstellungsgesetz arbeitete.
Was sind nun Ihre genauen Aufgabenfelder im Internationalen Sekretariat von AI?
Emily Gray: Ich besuchte auf einer Research-Reise verschiedene afrikanische Länder - Kamerun, Kenia, Uganda und Südafrika - da Amnesty derzeit auch Schwarzafrika als einen Schwerpunkt ihrer Arbeit betrachtet. Diese Region gehört zu den Gebieten, wo LGBT besonders verfolgt und diskriminiert werden. Ich diskutierte dort mit LGBT-Aktivist_innen über die wichtigsten Anliegen und Herausforderungen in ihrer Arbeit. Als Ergebnis dieser Gespräche wollen wir ein „advocacy toolkit“ entwickeln mit Empfehlungen zu Sicherheitsmaßnahmen, Argumentationshilfen gegen Kriminalisierung, die die Aktivist_innen dann sowohl in ihren communities als auch im Gespräch mit Regierungsvertreter_innen nutzen können.
Wie gestaltet sich die zukünftige LGBT-Arbeit von AI zu den anderen Weltregionen?
Emily Gray: In unserer Arbeit analysieren wir, in welchen Regionen wir neben Afrika unsere Ressourcen am effektivsten einsetzen können. Darüber hinaus werden wir auch zu Lateinamerika und zu Europäischen Gay Prides als weitere Prioritäten arbeiten. Offensichtlich wären auch mehr Aktivitäten zu MENA (Naher Osten und Nordafrika) und Asien/Pazifik angebracht, aber wir müssen darauf achten, dass wir auch über genügend Sektionen verfügen, die die Arbeit dazu bewältigen können, und eruieren, wo genau wir die größten Veränderungen bewirken können. Mir liegt sehr viel daran, dass der Aspekt von „LBTI“ (Lesben, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle) nicht vernachlässigt wird. Leider sind Lesben in dieser Arbeit immer noch nicht sichtbar genug, genauso wie bisexuelle Frauen, Transgender und Intersexuelle. Wir können noch sehr viele interessante Aktivitäten zu Gewalt gegen Transgender wie auch zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in Lateinamerika starten. Neben der Arbeit zu Homophobie in Osteuropa wollen wir Europa zu einem Vorreiter für die ideale Verwirklichung der Rechte von LGBT machen, insbesondere für Transgender und Intersexuelle.
Was sind Ihre Hoffnungen und Ziele für die Zukunft?
Emily Gray: LGBT sollten in einer Welt leben können, wo sie nicht verfolgt werden und alle ihre Menschenrechte ohne Furcht wahrnehmen können. Das ist natürlich ein sehr allgemein gefasstes Ziel und uns ist bewusst, dass unsere Ansprüche in Lateinamerika, wo wir Partnerschaftsrechte angehen, ganz andere sein müssen als z.B. in Afrika, wo es um Entkriminalisierung und Schutz von Individuen geht. Da müssen wir ganz pragmatisch sein. Seit dem Beginn meiner Arbeit bei AI war ich jedoch höchst beeindruckt von dem Enthusiasmus und der Energie, die ich von den Aktivist_innen aus den Sektionen und Strukturen bei AI erfahren habe. Diese sind reich an Talenten und Fähigkeiten, welche ich sehr schätze und mit denen wir in der Zukunft auch die Strategie in der Arbeit zu LGBT weiter entwickeln und vorantreiben können.
Queeramnesty: Herzlichen Dank für das Interview!
Die Fragen stellte Rupert Haag, Sprecher der Themenkoordinationsgruppe Queeramnesty