Als Reaktion auf die Nachrichten über Angriffe auf die LGBTQI+-Gemeinschaft im muslimischen Mindanao berichtet Rocky Rinabor, Vorstandsmitglied von Amnesty International Philippinen und stellvertretender Geschäftsführer des Pioneer Filipino Transgender Men Movement (PFTM), von seinen Erfahrungen, als queere Person in Mindanao aufzuwachsen:
"Die Hassverbrechen und Vorfälle geschlechtsspezifischer Gewalt, die sich gegen muslimische LGBTQI+ Menschen in der Bangsamoro Region richten, sind weder neu noch vereinzelt. Es ist ein endloser Kreislauf, in dem queere Menschen, wie ich, gefangen sind. Wir müssen immer über die Schulter schauen oder mit einem offenen Auge schlafen. Ohne eine klare Lösung für diese Situation in absehbarer Zukunft, auch, weil die Behörden, die die Rechte der LGBTQI+-Gemeinschaft respektieren, schützen und erfüllen sollten, nicht zur Rechenschaft gezogen werden, war unser Kampf lang und ist weiterhin traumatisch,
"Die meisten von uns haben seit ihrer Kindheit die Bedrohung erfahren, öffentlich angeprangert zu werden, wenn wir unser Geschlecht außerhalb dessen ausdrücken, was muslimische Institutionen als glaubensbasiert und geschlechtsspezifisch ansehen. Vor allem schwule Männer und Trans-Frauen sind nach wie vor häufig Opfer von Belästigungen und Hassverbrechen, ob diese nun gemeldet werden oder nicht. Diese Verbrechen werden zwar nicht ordnungsgemäß dokumentiert, sind aber real, und fast täglich werden echte Menschen Opfer dieses Hasses,
"Wir sind daran gewöhnt, dass wir an Orten, an denen LGBTQI+ häufig anzutreffen sind - in Karaoke-Bars oder in Salons und anderen Einrichtungen, die von Transfrauen geführt werden - ungesetzlichen Razzien ausgesetzt sind, als handele es sich um Hexenjagden, die oft dazu dienen, Angst zu verbreiten, indem diese Orte in Brand gesteckt oder aus dem Auto heraus beschossen werden. Häufig hört man auch von muslimischen Lesben, die einer "heilenden Vergewaltigung" unterzogen werden, um sie von homosexuellen Beziehungen zu "korrigieren" oder zu "retten", die in der muslimischen Kultur als sündhaft oder tabu gelten,
"Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten, wenn nicht sogar alle, Hassverbrechen von den lokalen Behörden nicht ordnungsgemäß untersucht werden. Oft werden sie ungestraft begangen, weil man glaubt, dass Verbrechen gegen queere Menschen gerechtfertigt sind: Weil es das Leben ist, das wir gewählt haben, also müssen wir es akzeptieren und einfach mit den Konsequenzen leben, die es mit sich bringt,
"Amnesty International Philippinen fordert die Behörden in der Autonomen Region Bangsamoro auf, umgehend unabhängige, unparteiische und wirksame Ermittlungen zu den gemeldeten Hassverbrechen in Maguindanao und Marawi City durchzuführen; dringende Maßnahmen zu ergreifen, um LGBTQI+ Menschen vor Diskriminierung, Belästigung, Übergriffen und anderen Angriffen durch staatliche und nichtstaatliche Akteur*innen zu schützen; und sicherzustellen, dass diejenigen, die solche Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden,
"Diese schamlose Missachtung des Lebens und der Sicherheit von LGBTQI+ Menschen im muslimischen Mindanao und das dort vorherrschende Klima der Straflosigkeit muss ein Alarmsignal für Hassverbrechen sein. Diese Vorfälle haben unter der neuen Bangsamoro-Führung keinen Platz und dürfen nicht weiter ungestraft bleiben."
Hintergrund
Am 18. September explodierte ein improvisierter Sprengsatz während eines Volleyballturniers in Datu Piang, Maguindanao, und verletzte acht Menschen, die Mitglieder der LGBTQI+-Gemeinschaft sind. Darauf folgte ein Vorfall, bei dem zwei Studierende in der Mindanao State University (MSU) in Marawi City am 15. September getötet wurden. Das Bangsamoro-Parlament hat in einer am 22. September veröffentlichten Erklärung beide Berichte über Hassverbrechen gegen LGBTQI+ verurteilt und zugesagt, beide Vorfälle zu untersuchen.