von Colm O'Gorman, Geschäftsführer von Amnesty International Irland
An diesem Tag wird ein simples "Ja" oder "Nein" in dem nationalen Referendum darüber entscheiden, ob lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersex (LSBTI) Paare in diesem Land ihr Recht genießen können, sich einem geliebten Menschen durch Eheschließung zu verschreiben.
Liebe unterscheidet nicht und auch unser Recht sollte nicht unterscheiden. Es gibt keine sachliche Rechtfertigung, gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zur Eheschließung zu verweigern. Dadurch wird keinerlei legitimer sozialer Zweck oder nationales Interesse verfolgt. Deshalb ist diese Unterscheidung eine Diskriminierung.
Aber scheinbar ist nicht jede_r davon überzeugt. Und in den letzten Wochen hat sich in den Kampagnen für und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe eine Kampflinie durch das gesamte Land gezogen. Wie in jeder Auseinandersetzung ist das beste Argument immer noch die Wahrheit.
Die Gegenkampagne in diesem Referendum hat sich für eine Falschdarstellung hergegeben, um überzeugen zu können. Die Mutter und der Vater, deren Familienfoto ohne ihr Wissen in einem Plakat für die Gegenkampagne benutzt wurde, berichteten Amnesty International, sie seien darüber verärgert, dass dieses Foto dazu genutzt wurde, um eine Botschaft zu übermitteln, der sie selbst vehement widersprechen.
Die Familie, die ihr zweites Kind im Juni erwartet, möchte nicht, dass ihr Familienbild für die "Nein" Kampagne des Referendums herhalten muss.
Sie möchten sicherstellen, dass all die Menschen, die diese Plakate an Laternenpfählen im ganzen Land sehen und wütend und aufgebracht darüber sind, wie sie selbst oder Mitglieder ihrer Familie darauf verurteilt werden, wissen, dass die wirkliche Familie auf diesen Plakaten sie und ihre Beziehungen und alle Familien respektiert und wertschätzt. Sie möchten, dass diese Menschen wissen, dass sie mit "Ja" stimmen würden. Deshalb haben sie Amnesty International gebeten, die wahre Geschichte hinter diesem Plakat der Gegenkampagne zu verbreiten.
Dies ist ihr Hintergrund:
2014 haben wir bei einem befreundeten Fotographen Fotos als junge Familie machen lassen, um ein paar schöne Bilder für unser Familienalbum zu haben. Wir haben dafür kein Geld gezahlt - wir haben ein paar schöne Bilder umsonst bekommen und das Fotostudio hat ein paar schöne Bilder für sein Portfolio bekommen. Als Teil dieser Vereinbarung durften sie die Bilder auch in das Fotoalbum der Agentur hochladen. Wir wussten, dass dieses auch käuflich erworben werden konnte und gaben unsere Zustimmung. Vielleicht stellten wir uns in naiver Weise vor, dass für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Bild verkauft werden sollte, es für eine kleine Zeitschrift oder Webseite sein würde.
Eins möchten wir versichern: wir haben weder damals noch heute Geld für dieses Foto bekommen und wir erwarten dies auch nicht. Wir waren überrascht und aufgebracht, als wir sahen, dass das Foto als Teil einer Kampagne genutzt wurde, der wir nicht zustimmen. Wir unterstützen die gleichgeschlechtliche Ehe vollkommen und wir sind davon überzeugt, dass gleichgeschlechtliche Paare selbstverständlich auch die Möglichkeit haben sollten ein Kind zu adoptieren, weil wir glauben, dass sie genauso in der Lage sind ein Kind mit all der nötigen Liebe und Fürsorge aufzuziehen. Etwas Gegenteiliges zu behaupten ist für uns und viele andere beleidigend.
Niemand kann uns davon überzeugen, dass die Vereinigungen von so vielen liebenden gleichgeschlechtlichen Paaren, die ein Leben lang halten, hier in Großbritannien und in Irland weniger wert sind als heterosexuelle Verbindungen und es ist uns wichtig, dass unsere vielen homosexuellen Freund_innen wissen, dass wir so empfinden. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung hat keinen Platz im 21. Jahrhundert. Wenn wir irische und nicht britische Staatsbürger_innen wären, würden wir für die gleichgeschlechtliche Ehe stimmen.
In einer freien Gesellschaft hat jede_r das Recht, ihre_seine Meinung zu äußern und eine Kampagne zu starten, von deren Inhalt sie_er überzeugt ist. Wir sind keine Jurist_innen und können deshalb auch nicht bewerten, ob es rechtswidrig ist, Fotos von Kindern für einen politischen Zweck zu verwenden, obwohl wir gerne mehr darüber wüssten.
Wir sind betrübt, dass unser Foto für eine politische Kampagne benutzt wurde, insbesondere da sich dies rechtlich als Grauzone darstellt, und wir hätten eigentlich erwartet, dass "Mother & Fathers Matter" (Anm.: Bürger_innenorganisation, die sich für ein konservatives Familienbild einsetzt und eine Gegenkampagne im Referendum führt) für eine große Kampagne wie diese Fotos von Menschen aussuchen würde, die ihre Meinung auch vertreten.
Wir freuen uns darauf, unseren Sohn (den auf dem Foto) und unser zweites Kind (das wir im Juni erwarten) offen und weltgewandt großzuziehen und ihnen zu vermitteln, jede Herkunft, Glaubensrichtung, Sexualität, etc. zu respektieren. Mehr als alles andere hoffen wir, dass Kindern in Irland die Freiheit garantiert werden wird, die unsere Kinder genießen, und dass sie in einer Gesellschaft aufwachsen können, die ihnen bedingungslose Gleichheit vor dem Recht garantiert, egal, wen sie lieben werden, wenn sie schließlich als Erwachsene eine ernsthafte Liebesbeziehung eingehen.
Auf dem Plakat wird ein Foto verwendet, um eine bestimmte Vorstellung von Familie darzustellen. Wir sind die wahre Familie auf dem Foto. Doch diese Familie denkt in Wahrheit folgendes:
Diese Familie ist davon überzeugt, dass jedes Kind es verdient, geliebt und umsorgt zu werden. Diese Familie ist davon überzeugt, dass jede_r das Recht hat, einen Menschen zu heiraten, den er_sie liebt, welchem Geschlecht dieser Mensch auch angehören mag. Diese Familie ist davon überzeugt, dass JEDE Familie gleichwertig ist. Und diese Familie würde mit "Ja" stimmen.