Der Artikel aus dem Amnesty Journal von Oktober/November 2013 wurde vom Bund Lesbischer und Schwuler Journalistinnen (BLSJ), die den Preis vergeben, gewürdigt, da er anhand der Schicksale der Lesbe Marina und des Schwulen Grigorij auf anschauliche und eindringliche Weise die gesellschaftliche Diskriminierung von Homosexuellen in Russland darstellt.
Der BLSJ vergibt den Preis seit 1998 jedes Jahr und würdigt damit ein besonderes publizistisches Engagement bei der Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle.
In der Begründung der Jury heißt es:
Aggressive Homophobie ist keineswegs nur ein Phänomen in arabischen oder afrikanischen Ländern - es gibt sie in großem Stil auch mitten in Europa! Das macht Russlandkorrespondent Johannes Voswinkel in seiner Reportage "Am Ende des Regenbogens" deutlich. Der Autor beschreibt anhand der Schicksale der Lesbe Marina und des Schwulen Grigorij auf anschaulicheund eindringliche Weise die gesellschaftliche Diskriminierung von Homosexuellen in Russland.
Über die Probleme von Lesben und Schwulen in Russland hat hierzulande wohl schon jeder gelesen - aber Voswinkels facettenreicher Text führt das ganze Drama der Diskriminierung und Verfolgung sehr konkret vor Augen - einer Diskriminierung, die nicht nur von der Staatsmacht ausgeht, sondern gleichsam gesellschaftlich allumfassend ist; angestachelt durch das sogenannte "Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda", das der russische Präsident Wladimir Putin im Juni 2013 unterzeichnet hat.
"Sexuelle Minderheiten gelten vielen in Russland als krank, pervers und gefährlich", schreibt Voswinkel in seiner Reportage für das "Amnesty Journal". Dabei befördere der Staat die Aggression gegen Lesben und Schwule durch diskriminierende Gesetze. Und "Nationalistentrupps und ikonenbewehrte Rollkommandos der Orthodoxie" sähen sich als legitime Vertreter des Volkswillens: "'Bisher schubsen sie uns nur, schlagen aber nicht. Noch machen sie vor allem eine Show für die Medien und drohen uns nur: 'Wir bringen euch um und vergraben euch unter Büschen!' Das Übliche halt", erzählt die Leiterin der Nichtregierungsorganisation "Coming Out". "
'Die Gesellschaft ist gespalten worden [...] Die Mehrheit wurde gegen die Minderheit mobilisiert. Das Gesetz rückt Homosexualität in die Nähe der Pädophilie.' Die Folgen sind eine allgemeine Homophobie und Einschüchterungen."Wenn die Kinder homosexuell sind, ist selbst die Familie in Russland oft kein Ort der Geborgenheit: "Als die Eltern Verdacht schöpften, sperrten sie Marina ein, schlugen sie, suchten nach einer psychiatrischen Heilanstalt und brachten sie für einige Zeit bei Freunden in der Ferne unter. Sie sei drogensüchtig, lautete die offizielle Begründung. Das klang besser als lesbisch."
Voswinkels Text führt eindrücklich vor Augen, in welchem bedrückenden Klima sexuelle Minderheiten in Russland leben. Zugleich macht der Artikel Hoffnung, weil sich viele Aktivistinnen und Aktivisten in Russland nicht einschüchtern lassen, mit dem Thema mutig an die Öffentlichkeit gehen und so langsam auch eine Zivilgesellschaft entsteht: "Eine Lehrerin behandelte im Unterricht 'deviantes Verhalten' und nannte als Beispiel die lesbischen Eltern eines der Kinder. 'In diesem Fall haben sich die Schüler gegen die Lehrerin solidarisiert, bis sie in Tränen ausbrach'."
Es ist nicht nur der Text, der informiert, berührt und Empörung hervorruft. Auch das Medium, in dem er erschienen ist, verdient Erwähnung: das Amnesty Journal. Denn Lesben, Schwule und Bisexuelle sowie Trans-Menschen und Intersexuelle und deren rechtliche Situation in der ganzen Welt werden seit Jahren im Magazin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wieder und wieder zur Sprache gebracht. Die Jury zeichnet Johannes Voswinkel deshalb mit dem 3. Platz des Felix-Rexhausen-Preises aus. Herzlichen Glückwunsch an Johannes Voswinkel und vielen Dank an Amnesty International für das langjährige Engagement!