AMNESTY INTERNATIONAL - PRESSEMITTEILUNG
Am 23. Januar verurteilte das Strafgericht in Dhamar im Norden des Jemen neun Personen zum Tode - sieben davon durch Steinigung und zwei durch Kreuzigung -, während 23 weitere Personen zu Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren verurteilt wurden, unter anderem wegen „Homosexualität“, „Verbreitung von Unzucht“ und „unmoralischer Handlungen“. Am 1. Februar verurteilte das erstinstanzliche Gericht in Ibb im Süden Jemens 13 Studierende wegen „Verbreitung von Homosexualität“ zum Tode und drei weitere zur Auspeitschung.
„Die Berichte, dass die De-facto-Behörden der Huthi neun Menschen wegen gleichgeschlechtlicher Handlungen zum Tode verurteilt haben, und zwar in einem grausamen öffentlichen Spektakel, das darauf abzielt, Angst in der Bevölkerung zu verbreiten, sind zutiefst erschütternd. Die Todesstrafe ist die ultimative grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe, ihre Anwendung ist unabhängig von der Hinrichtungsmethode verabscheuungswürdig und muss unter allen Umständen verurteilt werden“, sagte Grazia Careccia, stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika.
„Die De-facto-Behörden der Huthi müssen die Todesurteile gegen diese Personen sofort aufheben und alle Anklagen im Zusammenhang mit ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrem Ausdruck fallen lassen.“
Das Crisis Evidence Lab von Amnesty International hat drei Videos analysiert, die erstmals am 24. und 25. Januar 2024 in sozialen Medien auftauchten und zeigen, wie mindestens zwei Personen in der Öffentlichkeit von einer Person in Sicherheitsuniform ausgepeitscht werden. Die Videos wurden vermutlich vor den Häusern der Männer und im Beisein von Huthi-Beamten gedreht.
„Öffentliche Auspeitschungen sind eine grausame und unmenschliche Strafe, die gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Misshandlungen nach internationalem Recht verstößt und unter keinen Umständen durchgeführt werden darf. Es ist entsetzlich und inakzeptabel, dass die von den Huthi kontrollierte Justiz weiterhin schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begeht, indem sie in das Privatleben der Menschen eingreift und Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität strafrechtlich verfolgt“, so Grazia Careccia.
„Die Behörden müssen unverzüglich und bedingungslos alle Personen freilassen, die ausschließlich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität festgehalten werden. Alle Formen von Gewalt, Belästigung und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks müssen aufhören.“
Amnesty International fordert die jemenitische Regierung außerdem auf, ihren Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nachzukommen, unter anderem durch die Aufhebung von Gesetzen, die gleichgeschlechtliche Intimität unter Strafe stellen, und durch die Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität und des Geschlechtsausdrucks.
Hintergrund
Alle Konfliktparteien im Jemen verfolgen LGBTI-Personen weiterhin mit willkürlichen Verhaftungen, Folter, einschließlich Vergewaltigung und anderen Formen sexueller Gewalt, Drohungen und Schikanen.
Amnesty International hat dokumentiert, wie die Sicherheitskräfte des Südlichen Übergangsrats (STC), die De-facto-Behörden der Huthi und die international anerkannte Regierung (IRG) im Jemen zwischen 2020 und 2022 17 Personen mit „nicht konformer“ sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder -ausdruck oder Geschlechtsmerkmalen willkürlich verhaftet, gefoltert, einschließlich Vergewaltigung und anderer Formen sexueller Gewalt, bedroht und belästigt haben.