Ayu, eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, wurde am 30. Juli 2007 gegen 23:30 Uhr von Angehörigen einer Behörde für Religionsangelegenheiten an einer Bushaltestelle in Kota Melaka im Bundesstaat Melaka im Südwesten Malaysias festgenommen. Sie sprach gerade mit Freunden, als die Behördenvertreter auf sie zukamen und brutal auf sie einschlugen und sie traten. amnesty international befürchtet nun, dass Ayu erneut misshandelt werden könnte und weitere Transsexuelle in Malaysia ebenfalls in Gefahr sind.
Berichten zufolge kamen drei Angehörige der „Jabatan Agama Islam Melaka“ (JAIM), einer lokalen Behörde für die Umsetzung der Vorschriften der islamischen Scharia-Gesetze, auf Ayu zu. Die Behördenvertreter, die Zivilkleidung trugen, traktierten die Transsexuelle bei der Festnahme Berichten zufolge mit Fausthieben und Fußtritten. Einer der Männer soll sie brutal in den Genitalbereich getreten haben. Die Männer identifizierten sich erst dann als JAIM-Vertreter, als Passanten den Übergriff verhindern wollten. Da Ayu über schwere Schmerzen klagte, brachten die Männer sie zunächst in das örtliche JAIM-Büro und dann in das Krankenhaus von Melaka. Dort musste sie sich am 31. Juli 2007 einer Operation unterziehen, weil sich ihre Beschwerden aufgrund einer Bauchwandhernie durch die Misshandlungen verschlimmert hatten.
JAIM wies die Krankenhausbehörden an, die Namen von anderen Transsexuellen zu melden, die Ayu besuchten. Es ist zwar nicht bekannt, ob das Krankenhaus die Namen von Besuchern weitergeleitet hat, aber amnesty international fürchtet, dass andere Transsexuelle in Melaka oder anderen Teilen Malaysias ebenfalls in Gefahr sein könnten, überfallen zu werden.
Medienberichten zufolge gab ein JAIM-Vertreter später den Grund für die Festnahme von Ayu an. Sie habe die „Straftat“ begangen, sich als Mann in der Öffentlichkeit mit Frauenkleidern zu zeigen. Auf der Grundlage von § 72 des Schariagesetzes von Melaka kann dieses Vergehen mit einer Geldbuße von 1000 Malaysischen Ringbit (ca. 210 Euro), einer sechsmonatigen Haftstrafe oder sowohl der Haft- als auch der Geldstrafe belegt werden. Ein Sozialarbeiter der malaysischen nichtstaatlichen Organisation „Pink Triangle“ erklärte indes, die Behördenvertreter hätten gegen Vorschriften verstoßen, indem sie Ayu nach der Festnahme nicht auf eine Polizeiwache brachten.
Ayu konnte am 2. August 2007 aus dem Krankenhaus entlassen werden. Offenbar haben die JAIM-Vertreter bislang keine Klage gegen sie eingereicht und zugestimmt, sie aufgrund der Bürgschaft eines Freundes aus „humanitären Gründen“ auf freien Fuß zu setzen. Die Behördenvertreter sollen Ayu jedoch gedroht haben, wenn sie nicht vor Gericht erscheine, müsse ihr Freund eine Geldbuße in Höhe von 1000 Malaysischen Ringbit zahlen. Auf Mediennachfragen bestritt ein JAIM-Vertreter die Misshandlungsvorwürfe und erklärte, Ayu sei ins Krankenhaus gebracht worden, weil sie krank gewesen sei.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN:
Die Übergriffe gegen Transsexuelle sowohl seitens der malaysischen Polizei als auch der sogenannten „Religionspolizei“ wie JAIM nehmen offenbar zu. Es besteht deshalb Anlass zu Befürchtungen, dass dieses Vorgehen ein Klima der Selbstjustiz bestimmter Gruppen, aber auch der gesamten Gesellschaft fördert, das sich gegen Personen richtet, deren Sexualität oder geschlechtliche Identität als Abweichung von der „Norm“ betrachtet wird.
Im April 2007 sollen die Behörden des Bundesstaates Terengganu ein „Rehabilitationszentrum“ für Transsexuelle geplant haben, weil man fürchtete, dass Männer „weiblicher“ würden und viele Transsexuelle sogar nach einer Gefängnisstrafe wieder in „alten Gewohnheiten“ verfielen.
Obwohl sich das Ausmaß der Aktionen und die Personengruppen, gegen welche die „Religionspolizei“ vorgeht, je nach Landesteil in Malaysia unterscheiden, können die Angehörigen der Religionspolizei Strafen gegen jede Person verhängen, der die „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ zur Last gelegt wird. Dazu gehören Transsexuelle, homo- oder heterosexuelle Paare, die sich in der Öffentlichkeit küssen, muslimische Frauen, deren Kleidung nicht den Vorschriften entspricht oder Jugendliche, die Punkkleidung tragen.
EMPFOHLENE AKTIONEN:
Schreiben Sie bitte Telefaxe, E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie
- die Behörden auffordern, sofort eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Berichte einzuleiten, denen zufolge Ayu von Angehörigen der Behörde für Religionsangelegenheiten (JAIM) misshandelt wurde, und sicherzustellen, dass die dafür Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;
- die Zusicherung einfordern, dass Ayu und andere Transsexuelle in Melaka nicht mehr von JAIM-Vertretern misshandelt werden;
- die Behörden auffordern, dass keine Anklagen gegen Ayu erhoben werden, die in Zusammenhang mit ihrer geschlechtlichen Identität stehen und ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und Freiheit vor Diskriminierung verletzen;
- sich angesichts der Berichte besorgt zeigen, denen zufolge die Behörde JAIM das Krankenhaus angewiesen hat, Transsexuelle zu melden, die Ayu besucht haben, und die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass Transsexuelle ohne Drangsalierungen und Diskriminierungen Besuche empfangen dürfen, wie es der Krankenhauspraxis für alle Patienten entspricht;
- bei den Behörden darauf dringen, dass alle Gesetze, Vorschriften und Maßnahmen, die Transsexuelle diskriminieren, einer Reform unterzogen werden, um den Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu setzen.
APPELLE AN:
Datuk Seri Mohd Ali Mohd Rustam, Chief Minister of Melaka, Aras 1,
Blok Temenggong, Seri Negeri, Hang Tuah Jaya, 75450 Ayer Keroh, Melaka, MALAYSIA
(Ministerpräsident von Melaka – korrekte Anrede: Dear Chief Minister)
Telefax: (00 60) 6232 8620
Dato’ Alias bin Md. Saad, Director, Islamic Religious Department of Melaka, Jabatan Agama Islam, Melaka (JAIM), Imarah B, Kompleks MAIM, Bukit Palah, 75150 Melaka, MALAYSIA
(Direktor der Behörde für Religionsangelegenheiten (JAIM) – korrekte Anrede: Dear Director)
Telefax: (00 60) 6283 4022 - E-Mail: jaim@melaka.gov.my
ACP Johari bin Yahaya, Chief of Police, IPD Melaka Tengah, PDRM, Jalan Banda Kaba, 75561 Melaka, MALAYSIA
(Polizeichef von Melaka – korrekte Anrede: Dear Chief of Police)
Telefax: (00 60) 6282 3848
KOPIEN AN:
Prime Minister, Dato' Sri Abdullah Ahmad Badawi, Pejabat Perdana Menteri, Aras 1, Blok Utama, Bangunan Perdana Putra, Pusat Pentadbiran Kerajaan Persekutuan, 62502 Putrajaya, MALAYSIA
(Premierminister)
Telefax: 00 60 8888 3444
E-Mail: ppm@pmo.gov.my
Botschaft von Malaysia, Klingelhöferstr. 6, 10785 Berlin
(Frau Sudha Devi, Geschäftsträgerin a.I.)
Telefax: 030-8857 4950
E-Mail: mwberlin@compuserve.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Malaiisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. September 2007 keine Appelle mehr zu verschicken.
Für diese Urgent Action stellen wir Ihnen hier einen Beispielbrief als Download zur Verfügung. Datei: 23 KB