Die zunehmende Diskriminierung von LGBT in unserem Nachbarland Polen spielte in der MERSI-Arbeit zuletzt eine wichtige Rolle. Das Internationale Sekretariat von amnesty international hat die Menschenrechtsverletzungen von LGBT im Bericht „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Rights in Poland and Latvia“, AI Index: EUR 01/019/2006, veröffentlicht .
Im Sommer 2006 sammelten die Mitglieder der regionalen MERSI-Gruppen bei zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, wie den CSDs in verschiedenen Städten, während der MERSI-Aktion „Homophobie ins Abseits kicken“ und auf Straßenfesten in Köln, Frankfurt, Hamburg und Berlin an die 1500 Unterschriften gegen die Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Transgender in Polen. In einem „Offenen Brief“ an den polnischen Präsidenten, Lech Kaczynski, wandten sich die Unterzeichnenden unter anderem gegen die Unterdrückung des Rechts auf Meinungsfreiheit sexueller Minderheiten und die Verweigerung staatlichen Schutzes bei Übergriffen Dritter, die von ai in den vergangenen Jahren beobachtet worden waren. Außerdem forderten sie den polnischen Präsidenten zur Einhaltung der EU-Menschenrechtsstandards zur Antidiskriminierung auf.
Am 27. November 2006 hatte MERSI die Gelegenheit, dem polnischen Botschafter der Republik Polen die gesammelten Unterschriften persönlich zu überreichen. MERSI bekam beim Besuch in der polnischen Botschaft in Berlin Unterstützung von Barbara Lochbihler, der Generalsekretärin der deutschen ai-Sektion. Der polnische Botschafter, Dr. Marek Prawda, der seit September 2006 sein Amt innehat, nahm sich für unseren Besuch etwa eine Stunde Zeit. Christiane Bunge von MERSI trug zunächst die vom Internationalen Sekretariat im Bericht „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender Rights in Poland and Latvia“ (AI Index: EUR 01/019/2006) zusammengetragenen Menschenrechtsverletzungen an sexuellen Minderheiten in Polen und die Forderungen an die polnische Regierung vor.
Nach Ansicht des polnischen Botschafters befindet sich Polen seit etwa 15 Jahren in einer Art „Selbstfindungsphase“. Es gäbe gesellschaftliche Gruppen, die die Entwicklung hin zu einer liberalen Gesellschaft in Frage stellten. Der Botschafter betonte jedoch, dass Lesben und Schwule in Polen sichtbar und inzwischen ein Teil der polnischen Gesellschaft seien. Als positives Beispiel führte er die Medienpräsenz von Schwulen und Lesben in Polen an. Im Jahr 2006 hätte beispielsweise eine polnische Zeitung einen biografischen Roman eines schwulen Schriftstellers zum Buch des Jahres gewählt. Insgesamt sah er im Hinblick auf die Situation von Schwulen und Lesben eine positive Entwicklung in Polen. Er nahm den o.g. Bericht des Internationalen Sekretariats von amnesty international und den „Offenen Brief“ an den polnischen Präsidenten entgegen und versprach, beides an das polnische Außenministerium weiterzuleiten. Bleibt abzuwarten, welche Aussagekraft die Worte des polnischen Botschafters haben. MERSI wird die Entwicklung der Situation für LGBT in Polen weiterhin beobachten und für Gleichberechtigung eintreten.
von Christiane Bunge