Erwin van der Borght, Direktor des Afrikaprogramms von Amnesty International
Amnesty International hat heute erneut die nigerianischen Behörden dazu aufgerufen, ein drastisches Gesetz zu kassieren, das im Falle seines Inkrafttretens Grundrechte angreifen und Beziehungen zwischen Personen des gleichen Geschlechts kriminalisieren würde.
Der Senat Nigerias verabschiedete heute ein “Gesetz zur gleichgeschlechtlichen Ehe”. Es wird nun dem Repräsentantenhaus zur Billigung vorgelegt, danach wird es an den Präsidenten weitergeleitet. Indem das Gesetz “gleichgeschlechtliche Ehe” sehr großzügig definiert, dabei jegliche gleichgeschlechtliche Beziehung einschließt und sich sogar gegen Personen richtet, die solche Beziehungen „begünstigen, fördern oder davon Kenntnis haben,“ bedroht es die Menschenrechte einer großen Anzahl von Personen.
“Das Repräsentantenhaus Nigerias soll Führungsqualitäten zeigen und die Rechte Aller in Nigeria aufrechterhalten, indem es diesen abscheulichen Gesetzentwurf ablehnt,“ erklärte Erwin van der Borght, Direktor des Afrikaprogramms von Amnesty International.
„Würde diese Maßnahme Gesetz, würde es sich gegen Menschen auf Grund ihrer Identität richten, nicht lediglich gegen ihr Verhalten. Es würde außerdem einen großen Personenkreis der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen und das allein dafür, dass diese von ihren Grundrechten Gebrauch machen und sich einer Diskriminierung allein auf Grundlage der tatsächlichen oder vermuteten sexuellen Orientierung oder Gender-Identität widersetzen.“
Durch das Gesetz, das der Senat heute verabschiedet hat, droht einer Person in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung Strafen von bis zu 14 Jahre Gefängnis, was eine Verschärfung gegenüber einem früheren Entwurf darstellt. Das Gesetz sieht auch Strafen von bis zu 10 Jahren Haft sowie einer hohen Geldstrafe für all jene vor, die gleichgeschlechtliche Beziehungen „begünstigen, fördern oder davon Kenntnis haben.“
Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen haben bereits zuvor eine Reihe von Bedenken im Bezug auf die möglichen Auswirkungen des Gesetzes auf die Menschenrechte dargestellt. Es würde einen großen Personenkreis der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen, einschließlich Menschenrechtsverteidiger_innen und alle anderen, z.B. Freunde, Angehörige und Kolleg_innen, die sich für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transgendern in Nigeria einsetzen.
Einzelne Personen könnten sich im Gefängnis wiederfinden und das nur wegen ihrer tatsächlichen oder vermuteten sexuellen Orientierung oder Genderidentität, oder auf Grund von Mutmaßungen über ihren Beziehungsstatus oder einvernehmliche sexuelle Handlungen.
Amnesty International ist auch besorgt, dass das Gesetz den Anstrengungen Nigerias zuwider läuft, die Übertragung von HIV zu verhindern, indem es Menschen, die ohnehin schon unter einer Stigmatisierung zu leiden haben, wegen ihrer Identität oder sexuellen Verhaltens noch mehr in den Untergrund drängt.
“Dieses Gesetz wäre eine Bremse für eine ganze Reihe von Bürgerrechtsorganisationen und –veranstaltungen. Dabei würde es Hass und Gewalt gegen all jene stiften, die im Verdacht stehen, eine gleichgeschlechtliche Beziehung zu pflegen, einschließlich Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender“, sagte Erwin van der Borght.
„In der Absicht, eine einzelne Personengruppe auszusondern und sie ihrer Rechte zu berauben, ist dieses Gesetz eine Gefahr für alle Nigerianer_innen, weil es die Verfassung des Landes und seine internationalen Menschenrechtsverpflichtungen verletzt.