Ali Feruz (Khudoberdi Nurmatov) in Polizeigewahrsam in Moskau, März 2017
Ali Feruz (Khudoberdi Nurmatov) in Polizeigewahrsam in Moskau, März 2017, © Dmitry Piskunov – Foto: © Dmitry Piskunov

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Am 8. August hat das Moskauer Stadtgericht die Abschiebung des usbekischen Staatsbürgers Khudoberdi Nurmatov (bekannt als Ali Feruz) ausgesetzt, bis der Fall vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geprüft wurde. Khudoberdi Nurmatov befindet sich jedoch weiterhin in Haft und muss umgehend freigelassen werden.

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie Khudoberdi Turgunalievich Nurmatov bitte umgehend und bedingungslos frei.
  • Leiten Sie bitte umgehend wirksame Untersuchungen seiner Misshandlungsvorwürfe ein und stellen Sie sicher, dass er bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird.
  • Ergreifen Sie bitte alle notwendigen Schritte, um ihn wirksam vor einer Entführung nach Usbekistan zu schützen, da ihm dort Folter und andere Misshandlungen sowie die Inhaftierung aufgrund seiner sexuellen Orientierung drohen.

Sachlage

Die geplante Abschiebung des Aktivisten und Journalisten der Zeitung Novaya Gazeta Khudoberdi Turgunalievich Nurmatov (besser bekannt als Ali Feruz) wurde am 8. August durch das Moskauer Stadtgericht ausgesetzt. Die Abschiebung wird ausgesetzt, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Fall erneut geprüft hat. Das Gericht bezog sich dabei auf die Entscheidung des EGMR vom 4. August. Darin heißt es, für Khudoberdi Nurmatov müssen umgehend vorläufige Maßnahmen nach Artikel 39 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ergriffen werden, der eine Abschiebung nach Usbekistan untersagt. Das Moskauer Gericht entschied am 8. August jedoch auch, dass der Journalist in einer besonderen Hafteinrichtung für die zeitweise Inhaftierung von Ausländern (SUVSIG genannt) festgehalten werden soll, solange der EGMR über seinen Fall berät. Dies kann Monate oder sogar Jahre dauern. In Haft droht ihm jedoch weiterhin die Abschiebung, die auch in Form einer Entführung durchgesetzt werden könnte.

Amnesty International hat zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Migrant_innen aus Russland nach Usbekistan abgeschoben wurden, einschließlich Fällen von Entführung und Verschwindenlassen. Bei einer Abschiebung nach Usbekistan drohen Khudoberdi Nurmatov schwere Menschenrechtsverletzungen, unter anderem Folter, zudem Verfolgung und - im Falle einer Verurteilung - Haft aufgrund seiner sexuellen Orientierung. Einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Männern gelten in Usbekistan als Straftat, die mit Haftstrafen geahndet werden. Die Inhaftierung von Migrant_innen darf nur für einen so geringen Zeitraum wie möglich genutzt werden. Sie darf zudem ausschließlich in Fällen eingesetzt werden, in denen Fluchtgefahr besteht, um die Identität einer Person festzustellen oder um sicherzugehen, dass eine Rückführung durchgeführt werden kann. Nichts davon trifft auf Khudoberdi Nurmatov zu. Deshalb muss er umgehend freigelassen werden.

Khudoberdi Nurmatov erschien am 8. August mit Hämatomen vor Gericht. Er sagte, dass diese von Schlägen durch eine Sicherheitskraft stammten, die ihn nach seiner letzten Anhörung am 2. August zurück in die Hafteinrichtung gebracht hatte. Dieser Misshandlungsvorwurf wurde bisher nicht untersucht.

Appell an:

Yuriy Yakovlevich Chaika
Prosecutor General's Office
ul. B. Dmitrovka, d.15a
125993 Moskau GSP -3
RUSSISCHE FÖDERATION

Sende eine Kopie an:

Ombudsfrau für Menschenrechte der Russischen Föderation
Tatiana Nikolaevna Moskalkova
ul. Miasnitskaia, 47
107084 Moskau
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (00 7) 495 607-7470 / -3977

Botschaft der Russischen Föderation
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: <link info@russische-botschaft.de>info@russische-botschaft.de</link>

Hintergrundinformation

Hintergrund

Khudoberdi Turgunalievich Nurmatov wurde im Februar 1986 geboren. Er schreibt unter dem Pseudonym Ali Feruz für die unabhängige Zeitung Novaya Gazeta und behandelt Themen wie die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen aus Zentralasien. Er kam in Usbekistan zur Welt und verbrachte seine Kindheit sowohl in Usbekistan als auch in Russland. 2008 sah er sich gezwungen, Usbekistan zu verlassen, nachdem er von Angehörigen des usbekischen Geheimdienstes inhaftiert und gefoltert worden war, als er sich weigerte, als Informant für den Geheimdienst tätig zu sein.

Khudoberdi Nurmatov wurde am 1. August festgenommen. Ihm wurde nach Paragraf 18.8 Punkt 3.1 des Russischen Ordnungswidrigkeitsgesetzbuches "ein Verstoß gegen die Regelung für die Einreise in die und den Aufenthalt in der Russischen Föderation für ausländische Staatsangehörige" vorgeworfen. Noch am selben Tag wurde er zum Moskauer Basmanny-Gericht gebracht. Der Richter verhängte eine Geldstrafe von 5000 Rubel (etwa 68 Euro) gegen Khudoberdi Nurmatov und ordnete seine Abschiebung nach Usbekistan an. Der Journalist wurde noch im Gerichtssaal festgenommen und in Moskau in Abschiebehaft genommen. Dort befindet er sich zurzeit.

Khudoberdi Nurmatov wurde am 16. März von der Polizei festgenommen und wegen Verwaltungsstraftaten im Zusammenhang mit seinem Einwanderungsstatus in Russland angeklagt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich sein Antrag auf vorübergehendes Asyl in Russland noch in Bearbeitung. Er hatte daher bis zu einer Entscheidung über seinen Status und bis zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel das Recht, sich in Russland aufzuhalten und wurde wieder freigelassen. Später erfuhr er, dass sein Antrag auf vorübergehendes Asyl abgelehnt wurde und legte beim Gericht des Stadtbezirks Zamoskvoretsky Rechtsmittel ein. Das Gericht lehnte diese ab, benachrichtigte Khudoberdi Nurmatov allerdings nicht an seiner Postadresse. Von der Ablehnung erfuhr Khudoberdi Nurmatov erst durch die Polizei bei seiner Anhörung am 1. August.

Bei einer Rückführung nach Usbekistan drohen Khudoberdi Nurmatov, wie schon vielen Menschen vor ihm, Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren. Sollte er in Usbekistan ins Gefängnis kommen, müsste er eine lange Haftstrafe unter grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen verbüßen.

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