Aktionen | Malaysia Briefe gegen das Vergessen - Aktion des Monats Dezember 2000

Folter, Misshandlung und unfaire Gerichtsverfahren: Anwar Ibrahim und seine Anhänger

Der gewaltlose, politische Gefangene Anwar Ibrahim sitzt nach einem unfairen Verfahren wegen Korruption eine sechsjährige Gefängnisstrafe ab. Er steht derzeit wegen Unzucht erneut vor Gericht, gemeinsam mit seinem Adoptivbruder, dem früheren gewaltlosen, politischen Gefangenen Sukma Darmawan Sasmitaat Madja. Nach dem Malaysischen Strafgesetzbuch steht hierauf eine Höchststrafe von 20 Jahren und Auspeitschung. 
 
Anwar Ibrahim wurde am 2. September 1998 durch den Premierminister Mahathir seines Amtes als stellvertretender Premierminister und Finanzminister Malaysias enthoben. Seine Entlassung aus der Regierung war eine Folge der wachsenden politischen Differenzen zwischen beiden Männern. Unmittelbar danach erklärte die Polizei, dass gegen Anwar ein Untersuchungsverfahren laufe. Sie erstattete Anzeige beim Obersten Gerichtshof und veröffentlichte unbegründete, eidesstattliche Erklärungen, in denen behauptet wurde, dass Anwar an "sexuellen Verfehlungen", Fälschung von Beweismitteln, Bestechung und der Gefährdung der nationalen Sicherheit beteiligt gewesen wäre. Premierminister Mahathir bezichtigte Anwar später öffentlich der Unzucht und erklärte, dass er "unfähig sei das Land zu regieren". 
 
Als öffentliche Demonstrationen zur Unterstützung von Anwar Ibrahim in bis dahin unbekanntem Ausmaß zunahmen, wurde er am 20. September 1998 verhaftet und nach dem Gesetz für Innere Sicherheit (ISA) 9 Tage lang in Isolationshaft gehalten. Dieses dra-konische Gesetz ermöglicht die Inhaftierung ohne Anklage oder Verfahren von Personen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, über einen immer wieder verlängerbaren Zeitraum von 2 Jahren. Auf Anwar Ibrahim's Verhaftung folgte die Inhaftie-rung von 17 seiner politischen Anhänger ebenfalls unter dem ISA. 
 
In der ersten Nacht wurden ihm die Augen verbunden, Handschellen angelegt und er wurde schwer geschlagen. Mehrere seiner Anhänger wurden Berichten zufolge in der Haft misshandelt und ihnen wurde die unmittelbare medizinische Behandlung verwehrt. Als Anwar nach 9 Tagen schließlich vor Gericht gestellt wurde, hatte er ein blaues Auge und sichtbare Blutergüsse im Gesicht. Nachdem ihm die Freilassung gegen Kaution versagt wurde, klagte man ihn der Korruption an in Verbindung mit angeblichen Versuchen sein sexuelles Fehlverhalten, einschließlich der Vorwürfe homosexueller Handlungen, zu vertuschen. Sein Verfahren - das umstrittenste in der jüngsten malaysischen Vergangenheit - dauerte 78 Tage und war in hohem Maße unfair. Zusätzlich zu den von Premierminister Ma-hathir wiederholt öffentlich geäußerten Schuldbezichtigungen wurden einige seiner Rechts-anwälte während des ganzen Verfahrens in verschiedenster Weise schikaniert. Einer von ihnen wurde verhaftet und in Isolationshaft unter dem ISA festgehalten, ein anderer wurde wegen Missachtung des Gerichtes verurteilt. Die Büros eines Dritten wurden von der Polizei durchsucht. 
 
Anfang 1999 gab der ehemalige Generalinspekteur der Polizei, Abdul Rahim Noor, zu Anwar in der Haft misshandelt zu haben. Er wurde der schweren Körperverletzung angeklagt und erwartet im März 2000 sein Verfahren.