Belgrade Pride 2010
Belgrade Pride 2010 ©Amnesty International Amnesty International

Aktionen | Europa | Serbien Serbien: Organisator_innen und Teilnehmende am Gay-Pride in Belgrad

Am 3. Oktober verbot der serbische Ministerpräsident und Innenminister Ivica Dačić die diesjährige Belgrader Gay-Pride-Parade wegen nicht näher ausgeführter Sicherheitsrisiken.

Am 3. Oktober verbot der serbische Ministerpräsident und Innenminister Ivica Dačić die diesjährige Belgrader Gay-Pride-Parade wegen nicht näher ausgeführter Sicherheitsrisiken. Damit werden die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern (LGBT-Menschen) unterdrückt.

Als Begründung für das Verbot der Gay-Pride-Parade führte Ivica Dačić eine erhöhte Gefahrenstufe an und verwies unter anderem auf vermeintliche Drohungen durch Paramilitärs. Er wies Vorwürfe zurück, dem Drängen rechtsorientierter Organisationen nachgegeben zu haben, und sagte, dass durch das Verbot die Ruhe und die öffentliche Ordnung sowie die Rechte aller BürgerInnen gewahrt blieben.

In den zurückliegenden Tagen haben sehr viele rechtsorientierte Gruppierungen sowie auch PolitikerInnen und das Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche Druck auf den Ministerpräsidenten ausgeübt, die Gay Pride zu verbieten. Auch alle weiteren für den 6. Oktober geplanten Demonstrationen wurden abgesagt.

Dieses Verbot verletzt die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung von LGBT-AktivistInnen und anderen Personen in Serbien. Es muss zudem befürchtet werden, dass dieses Verbot vor dem Hintergrund von Drohungen seitens homophober Gruppierungen bewirkt, dass auf lange Sicht die Rechte von LGBT-Menschen in Serbien sowie die Bestimmungen des Anti-Diskriminierungsgesetzes von 2009 unterlaufen werden. Dennoch haben LGBT-AktivistInnen positiv reagiert und gesagt, dass der Gay Pride weiterhin gefeiert wird, "innerhalb von vier Wänden".

SCHREIBEN SIE BITTE

LUFTPOSTBRIEFE, FAXE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Es bereitet mir sehr große Sorge, dass die diesjährige Belgrader Gay-Pride-Parade, die für den 6. Oktober geplant war, verboten worden ist.
  • Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass LGBT-Menschen und -AktivistInnen wieder einmal die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch die Regierung entzogen worden sind, was den internationalen Verpflichtungen Ihres Landes zuwiderläuft. Bitte veranlassen Sie alles Nötige, um sicherzustellen, dass die Gay Pride im nächsten Jahr stattfinden kann.
  • Ich möchte Sie außerdem daran erinnern, dass laut Gesetz das Innenministerium weit im Voraus der Veranstaltung die nötigen Maßnahmen hätte ergreifen müssen, um zu gewährleisten, dass die Gay Pride ohne Behinderungen und mit angemessenem Schutz vor Gewalt durchgeführt werden kann.
  • Ich fordere Sie auf, jegliche der vom Innenminister angeführten Sicherheitsrisiken umgehend unparteiisch und wirksam zu untersuchen und die Ergebnisse zu veröffentlichen. Stellen Sie zudem sicher, dass jegliche Personen, gegen die der berechtigte Verdacht besteht, die Veranstalter oder Teilnehmenden an der Gay Pride oder auch andere Angehörige der LGBT-Bevölkerung bedroht zu haben, vor Gericht gestellt werden.

APPELLE AN

MINISTERPRÄSIDENT UND INNENMINISTER
Ivica Dačić
Bulevar Mihajla Pupina 2
11000 Belgrade, SERBIEN
(Anrede: Dear Prime Minister/ Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 381) 11 361 75 86
E-Mail: kabinetpremijera(at)gov.rs

VIZE-PREMIERMINISTER UND VERTEIDIGUNGSMINISTER
Aleksandar Vučić
Birčaninova 5, 11000 Beograd, SERBIEN
(Anrede: Dear Deputy Prime Minister / Sehr geehrter Herr Vize-Premierminister)
Fax: (00 381) 11 300 60 62
E-Mail: info(at)mod.gov.rs

KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SERBIEN
S.E. Herrn Prof. Dr. Ivo Visković
Taubertstraße 18
14193 Berlin
Fax: 030-825 2206
E-Mail: info(at)botschaft-serbien.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Serbisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. November 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Amnesty International weist darauf hin, dass Paragraf 5 (1) des Gesetzes über die öffentliche Versammlung von BürgerInnen zwar besagt, es sei "die Pflicht des Veranstalters, bei einer öffentlichen Versammlung die Ordnung aufrechtzuerhalten", dass aber in Paragraf 5 (2) gleichzeitig Folgendes festgeschrieben ist: "Maßnahmen zur Gewährleistung der persönlichen Sicherheit und zum Schutz des Eigentums der an der öffentlichen Versammlung Teilnehmenden sowie anderer BürgerInnen, der Erhalt von öffentlicher Ordnung und Ruhe, eines sicheren Straßenverkehrs sowie andere Maßnahmen mit Bezug auf die Sicherheit der öffentlichen Versammlung liegen in der Verantwortung des Innenministeriums."

Die serbischen Behörden hatten die Gay-Pride-Parade 2011 wegen Sicherheitsrisiken und aufgrund der gewalttätigen Gegendemonstrationen des Jahres 2010 verboten. 2010 stellte die Polizei den Teilnehmenden der Gay Pride angemessenen Schutz zur Verfügung: 5.000 PolizistInnen traten mehr als 6.000 Gegendemonstrierenden gegenüber.

Durch die eigene Beteiligung an der Pride-Parade 2010 in Belgrad ist sich Amnesty International der extremen Schwierigkeiten bewusst, denen sich das Innenministerium damals bei der Bewältigung der Sicherheitsprobleme gegenübersah, die durch Drohungen und Aktionen rechtsextremer Gruppen ausgelöst wurden. Die Organisation möchte jedoch darauf hinweisen, dass von den im Jahr 2010 festgenommenen Personen bisher nur wenige derjenigen, die für Gewalt und Drohungen gegen die VeranstalterInnen und Unterstützenden der Gay Pride verantwortlich waren, zur Rechenschaft gezogen worden sind. Im Zuge des Verbots der Gay Pride 2011 wurden wegen vermeintlicher Sicherheitsrisiken noch weniger Ermittlungen und Strafverfolgungen durchgeführt.

Amnesty International ist der Ansicht, dass die serbische Regierung die Achtung des Rechts auf Versammlungsfreiheit für LGBT-Menschen und andere Personen nicht ausschließlich auf eine Frage der Sicherheit reduzieren kann. Das Verbot der diesjährigen Gay Pride würde erneut dazu führen, dass die serbische Regierung ihrer internationalen Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Gewährleistung der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit für LGBT-Menschen und andere Personen nicht nachkommt.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Informing the authorities that you are extremely concerned at the banning of the 2012 Belgrade Pride march on 6 October 2012.
  • Telling authorities that yet again, the rights of LGBT individuals and activists to freedom of expression and assembly have been denied by the government, in violation of Serbia's international obligations, and asking them to make adequate preparations to ensure that the Pride march goes ahead next year.
  • Informing them that by law the Ministry of Interior should have taken the necessary measures, well in advance of the Pride, to ensure that the event took place in 2012, without obstruction or hindrance and ensuring adequate protection from violence.
  • Demanding that the authorities conduct prompt, impartial and effective investigations into any and all security threats cited by the Minister of Interior, to make the results of such investigations public, and to ensure that anyone reasonably suspected of threatening to attack the Pride organizers or participants, or any other members of the LGBT population, are brought to justice.