Evdokia Romanova, LGBT-Aktivistin aus Samara in Russland
Evdokia Romanova, LGBT-Aktivistin aus Samara in Russland © Georg List

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Am 23. November wies das Bezirksgericht Kirovskii im russischen Samara Evdokia Romanovas Rechtsmittel gegen das Gerichtsurteil vom 18. Oktober ab. In diesem Urteil war die Aktivist_in des „Propagierens von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen zwischen Minderjährigen“ für schuldig befunden worden. Die Strafverfolgung von Evdokia Romanova ist ein klarer Verstoß gegen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung.

Frau Evdokia Romanova
11. Dezember 2017
UA-Nummer UA-209/2017-3
AI Index EUR 46/7583/2017

Sachlage

Am 23. November wies das Bezirksgericht Kirovskii im russischen Samara das Rechtsmittel von Evdokia Romanova zurück. Am 18. Oktober war die Aktivistin des "Propagierens von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen zwischen Minderjährigen über das Internet" schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 50.000 Rubel (etwa 740 €) verurteilt worden. Ihr einziges "Verbrechen" war, dass sie Links zur Website der Jugendkoalition YCSRR sowie zu weiteren Veröffentlichungen geteilt hat. Dazu gehören ein Artikel der britischen Zeitung The Guardian über das Referendum zur gleichgeschlechtlichen Ehe in Irland und ein Artikel der Internetseite Buzzfeed, der über eine Ausstellung zu russischen LGBTI-Jugendlichen in St. Petersburg berichtet. Diese Links hatte sie auf ihren persönlichen Profilen auf Facebook und im russischen sozialen Netzwerk VKontakte geteilt. Vier der Veröffentlichungen stammen aus dem Jahr 2015 und eine weitere vom Mai 2016.

Bei der Anhörung des Rechtsmittels argumentierte Evdokia Romanovas Rechtsbeistand, dass das Teilen von Links zu Artikeln zum Thema LGBTI sowie der Website der Jugendkoalition YCSRR in den Sozialen Medien kein "Propagieren" darstelle. Bei der Anhörung wies das Berufungsgericht die Argumente der Verteidigung jedoch zurück und hielt das Urteil des einfachen Gerichts aufrecht. Dieses Urteil kann nicht mehr angefochten werden.

Die Strafverfolgung von Evdokia Romanova ist ein klarer Verstoß gegen ihr Recht auf Meinungsfreiheit. Nach Konsultation mit ihrem Rechtsbeistand sucht die Aktivistin nun nach anderen Möglichkeiten für einen Rechtsbehelf.

Das homosexuellenfeindliche Gesetz, welches die "Förderung nicht-traditioneller sexueller Beziehungen zwischen Minderjährigen" verbietet - auch bekannt als das "Gesetz über homosexuelle Propaganda" - wurde in Russland im Juni 2013 verabschiedet. Dadurch wurde Artikel 6.21 in das russische Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aufgenommen. Dieser bildet nun die Grundlage für erhebliche Geldstrafen, die von den Behörden gegen die Personen verhängt werden können, die ihres Erachtens "nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen" fördern. Amnesty International ist der Ansicht, dass dieses Gesetz die Meinungsfreiheit einschränkt und setzt sich für seine Abschaffung ein. Das Gesetz hat negative Auswirkungen auf die Arbeit von Organisationen und Aktivist_innen, die sich für LGBTI-Rechte einsetzen. Seit der Einführung des Gesetzes im Jahr 2013 wurden unter anderem die LGBTI-Aktivisten Nikolay Alexeev, Nikolay Baev und Alexey Kiselev nach diesem Gesetz mit Geldstrafen belegt. Im Januar 2014 hatten diese drei Aktivisten ihren Fall dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) unterbreitet und erklärt, dass ihre in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte verbrieften Rechte verletzt worden seien. Im Juni 2017 entschied das Gericht, dass Russland Artikel 10 (Recht auf freie Meinungsäußerung) und Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte verletzt habe und den Aktivisten eine Entschädigung zahlen müsse. Russland hat Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt.

Amnesty International wird die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Einschränkung von Evdokia Romanovas Recht auf Meinungsfreiheit weiter verfolgen und sich gegebenenfalls mit anderen Mitteln für sie einsetzen.

Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben. Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind zurzeit nicht erforderlich.

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