Gefängnis in El Paso, Texas, USA
Gefängnis in El Paso, Texas, USA © Amnesty International

Aktionen | Ghana | USA : Urgent Action: Keine Abschiebung!

Sadat I. flüchtete vor den schwulenfeindlichen Angriffen einer kriminellen Gruppe aus Ghana und wird in den USA in Haft gehalten, seit er dort im Januar 2016 Asyl beantragte. Die US-Behörden haben vor, Sadat I. nach Ghana abzuschieben.

Herr Sadat I., 31 Jahre
23. März 2018
UA-Nummer UA-065/2018
AI Index AMR 51/8127/2018

Doch dort drohen ihm Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei und die Gruppen, vor denen er flüchtete. Sadat I. muss bis zur Entscheidung über seinen Asylantrag umgehend unter Auflagen freigelassen werden und darf unter keinen Umständen nach Ghana abgeschoben werden.

Sachlage

Der homosexuellle Sadat I. aus Ghana ist bei der Einwanderungs- und Zollbehörde (Immigration and Customs Enforcement - ICE) inhaftiert, seit er am 17. Januar 2016 an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze Asyl beantragte. Er wird jetzt in Pearsall in Texas festgehalten. Sadat I. flüchtete im November 2015 aus Ghana, nachdem ihn Mitglieder der Bürgerwehr 'Safety Empire' geschlagen hatten. Sadat versteckte sich daraufhin. Drei Tage später brannte die Gruppe sein Haus nieder und schlug seinen Onkel. Die Bürgerwehrler_innen erfuhren, dass Sadat I. schwul ist, als sie seinen Partner schlugen und befragten und dann ein Video dieser Prügel auf der Facebook-Seite des Anführers der Gruppe posteten. Im April 2017 X postete die Gruppe das Video erneut. 53.000 Menschen sahen es sich an und brachten die Homosexualität von Sadat I. damit noch mehr an die Öffentlichkeit. Der Anführer der Gruppe ist weiterhin ein freier Mann und droht nach wie vor der schwulen Community in Ghana.

Homosexualität ist in Ghana bis heute ein Verbrechen und die Polizei geht gegen Angriffe gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI) regelmäßig nicht vor. Trotz des Nachweises, dass Sadat I. bei der Rückkehr nach Ghana weiterhin verfolgt, inhaftiert und mit dem Tode bedroht würde, haben die US-Behörden ihm die Freilassung unter Auflagen verweigert und streben seine Abschiebung an. Sie begründen dies mit der Angabe, er habe nicht nachgewiesen, dass er in Ghana weiterhin bedroht sei. Sadats Familie schickte ihm ein Video als Nachweis für die anhaltende Verfolgungsbedrohung, doch die ICE nahm das Video aus dem Paket, ohne ihn darüber zu informieren. Die Ablehnung des Rechtsmittels von Sadat I. im November 2017 begründete das Gericht damit, dass sich Sadat I., obwohl die ICE-Beamt_innen das Video zurückhielten, nicht an seine Familie gewandt habe, um sich bestätigen zu lassen, dass sie dieses Beweisstück geschickt hatten. Sadat I. trat im Februar 2018 zweimal in den Hungerstreik, um gegen die schlechten Bedingungen seiner verlängerten Haft zu protestieren. Seine Rechtsbeistände geben an, dass die ICE sich wegen der Hungerstreiks an Sadat I. gerächt habe.

Eine Inhaftierung sollten Einwanderungsbeamt_innen nur als letztes Mittel und in einzeln geprüften und gerechtfertigten Fällen einsetzen. Eine Freilassung unter Auflagen sollte immer dann aus humanitären Gründen gewährt werden, wenn die Person weder eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit ist noch Fluchtgefahr besteht. Asylsuchende sollten in keinem Fall abgeschoben werden, wenn ihnen im Herkunftsland Folter oder andere Misshandlungen drohen, darunter auch die Inhaftierung aufgrund einer unzulässigen Diskriminierung wie die der sexuellen Orientierung. Da all dies auf Sadat I. zutrifft, sollten die US-Behörden ihn umgehend aus der Haft entlassen und nicht nach Ghana zurückschieben.

Hintergrundinformation

Gemäß dem Völkerrecht ist die US-Regierung dazu verpflichtet zu gewährleisten, dass die Menschenrechte von Migrant_innen und Asylsuchenden gewahrt, geschützt und respektiert werden. In internationalen Normen bestehen Vorbehalte gegen die Inhaftierung von Migrant_innen und Asylsuchenden. Hierzu zählen auch Instrumente, denen die Vereinigten Staaten beigetreten sind. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte schreibt ausdrücklich das Recht auf Freiheit von willkürlicher Inhaftierung fest. Gewahrsam sollte stets nur als letztes Mittel angewendet werden. Er muss in jedem einzelnen Fall begründet werden und einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Eine Inhaftierung ist nur dann angemessen, wenn die Behörden im Einzelfall nachweisen können, dass der Gewahrsam notwendig, verhältnismäßig und rechtmäßig ist, und dass etwaige Alternativen wie z. B. die Hinterlegung einer Kaution oder andere Auflagen nicht zum gewünschten Ergebnis führen würden.

In ihrem Länderbericht nach einem Besuch der USA vom Juli 2017 bemerkte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen: "Die Arbeitsgruppe ist der Ansicht, dass die obligatorische Inhaftierung von Migrant_innen, insbesondere Asylsuchende, gegen internationale Menschenrechts- und Flüchtlingsstandards verstößt. Die Arbeitsgruppe hat beobachten können, dass das derzeitige System der Inhaftierung von Migrant_innen und Asylsuchenden in vielen Fällen der Bestrafung dient, unbegründet lang währt, unnötig ist, unnötig kostspielig ist, wenn es andere Lösungen innerhalb der Gemeinden gibt und nicht aufgrund einer individuellen Prüfung über die Notwendigkeit und Angemessenheit der Haft verhängt wird, sie zu unwürdigen Bedingungen durchgeführt wird und dass sie bei gerechtfertigten Asylanträgen als Abschreckung dient.

Gemäß dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und dem Völkergewohnheitsrecht ist die US-Regierung gemäß dem Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (non-refoulement) verpflichtet, Menschen nicht in eine Situation zurückzuschieben, in der ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Solche Schutzmechanismen sind zwingend notwendig für Menschen, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen. Am 28. Februar 2018 kam der UN-Sonderberichterstatter über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu dem Schluss, dass eine verlängerte Haft nur aufgrund des Aufenthaltsstatus' einer "willkürlichen Inhaftierung" gleichkommt und häufig schnell, wenn nicht sofort, eine Misshandlung darstellt - insbesondere auch bei LGBTI-Asylsuchenden und anderen schutzbedürftigen Gruppen.

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