LGBTI treffen in Belarus auf extrem hohe Ablehnung und Stigmatisierung, was von Präsident Lukaschenko sogar unterstützt wird. Im März 2012 sagte er an den damaligen deutschen Außenminister Guido Westerwelle gerichtet, nachdem dieser den deutschen Botschafter wegen Menschenrechtsverletzungen aus Minsk abzog: "Als ich ihn über Diktatur reden hörte - was er nun auch sein mag, schwul oder lesbisch - dachte ich, dass es wohl besser sei, ein Diktator als schwul zu sein."
Derzeit gibt es keine registrierten LGBTI-Organisationen in Belarus. 2011 versuchte die Organisation "Gay Belarus", sich unter dem Namen "Alternativa Plyus" zu registrieren. Im Dezember 2011 wurde die Registrierung durch das Justizministerium wegen angeblicher Mängel und Fehler in der Liste der Gründer abgelehnt. Im Dezember 2012 beantragte "Gay Belarus" erneut die Registrierung als republikanische öffentliche Jugendvereinigung "Human Rights Centre Lambda". Im Februar 2013 wurde der Versuch erneut vom Justizministerium abgelehnt, weil das Statut keine "umfassende Entwicklung der belarussischen Jugend" beinhalte.
Im Anschluss an den Antrag im Dezember 2012 wurden LGBTI-Aktivist_innen mehrfach mit Hausdurchsuchungen und Verhören, die auch Misshandlungen einschlossen, drangsaliert. So durchsuchte die Polizei in der Nacht vom 11. zum 12. Januar 2013 den Minsker Nachtclub "6A", wo eine Feier von LGBTI stattfand, ebenso wie den "21st Century Club" in Vitebsk in der darauffolgenden Nacht. Dabei nahmen Beamt_innen alle Personalien auf, filmten die Clubbesucher und beleidigten sie mit homophoben Ausdrücken.
Anschließend wurden 60 Personen, die sich auf der Gründerliste des "Human Rights Centre Lambda" befanden, von der Abteilung für Drogenkontrolle und Prävention von Menschenhandel beim Innenministerium in zehn verschiedenen Städten vorgeladen. Die Verhöre wurden mit Ermittlungen bei Verbrechen wie Drogenhandel und Vergewaltigung begründet. Die Fragen betrafen jedoch ausschließlich die sexuellen Aktivitäten der Vorgeladenen und die Arbeit ihrer Organisation. Über einige LGBTI erkundigte sich die Polizei bei deren Familie oder Arbeitsplatz, was für die betroffenen Personen z.T. zu Problemen führte.
Von LGBTI beantragte Demonstrationen und öffentliche Aktionen werden von den belarussischen Behörden ebenfalls stets abgelehnt: So 2008 in Minsk und Homel, 2009 in Homel sowie 2010 und 2011 in Minsk. Die Begründungen hierfür sind unterschiedlich: Sie umfassen, dass die Sicherheit nicht garantiert werde, nicht genug Infrastruktur bedacht worden sei u.ä.
Die Demonstration zur Minsk Pride 2012 wurde erneut abgelehnt, da die Behörden angeblich für den gleichen Tag eine Veranstaltung geplant hatten. Den LGBTI-Aktivist_innen gelang es jedoch, am 11. Oktober eine Tram zu mieten, in der sie ihre Feier abhalten konnten.
Die letzte Pride fand vom 06.-10. Dezember 2013 in privaten Räumlichkeiten ohne öffentliche Aktionen statt.
Am 27. Oktober 2015 verstarb Berichten zufolge Mikhail Pischevsky an den Folgen eines homophoben gewaltsamen Angriffs, der 17 Monate zuvor stattgefunden hatte. Er war angegriffen worden, als er eine Schwulenparty in einem Nachtclub verließ. Der Täter wurde trotz Zeugenaussagen lediglich des Hooliganismus angeklagt und zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, aber bereits nach elf Monaten begnadigt und aus der Haft entlassen.
Entsprechend des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, dessen Vertragsstaat Belarus ist, hat Belarus die Pflicht, allen seinen Bürger_innen das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu garantieren und sie vor Misshandlung oder Folter zu schützen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Identität.
Einzelfall Belarus: Ihar Tsikhanyuk
Im Januar 2013 versuchten LGBTI-Aktivist_innen, die LGBTI-Organisation Human Rights Centre Lambda bei den belarussischen Behörden zu registrieren. Zu ihnen gehörte auch Ihar Tsikhanyuk. Ihar Tsikhanyuk lebt offen schwul und ist drag-Künstler.
Nach dem Versuch der Registrierung wurde er am 6. Februar 2013 von zwei Polizisten aus dem Krankenhaus in Hrodna abgeholt, wo er sich in medizinischer Behandlung befand. Die Polizisten brachten ihn in den dritten Stock der Polizeistation im Distrikt "Oktober", wo er verhört wurde. Während des Verhörs wurde er mehrfach geschlagen, bedroht und beleidigt.
Nach einer Stunde rief der Leiter der Krankenhausstation bei der Polizeistation an und verlangte Tsikhanyuks Rücktransport. Daraufhin wurde er freigelassen und zum Krankenhaus gefahren. Gegen die verantwortlichen Polizeibeamt_innen wurden bislang keine Schritte unternommen.
Bitte unterzeichen Sie die Petition (Download) an die belarussischen Behörden, schreiben Sie das aktuelle Datum auf die Petition und senden Sie diese zurück an:
Amnesty International
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Koordinationsgruppe Queeramnesty 2918
Zinnowitzer Straße 8
10115 Berlin
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