10. Dezember 2014
Von Veronica Scognamiglio, European Campaign Coordinator on Discrimination von Amnesty International
Ich traf John Jeanette letztes Jahr in Oslo. Eine sanfte Frau mit einer entschiedenen Persönlichkeit, die ihre Geschlechtsidentität für viele Jahre verstecken und unterdrücken musste. Sie fühlt sich wohl als Frau, doch ihr Recht auf ein privates Leben wird jeden Tag verletzt.
John Jeanettes Dokumente beschreiben sie als männlich während sie als Frau auftritt. Wenn sie ganz einfache und alltägliche Dinge tut, wie zum Beispiel ein Buch aus der Bibliothek auszuleihen oder ein Rezept aus der Apotheke abzuholen, werden ihr unangenehme Fragen über ihr Geschlecht und ihre Lebensweise gestellt. Sie fühlt sich oft peinlich berührt oder hat Angst. Es ist eine ständige Erinnerung daran, dass der Staat sie nicht als das anerkennt was sie ist.
Ermüdend und beleidigend
"Es ist wirklich zum Verzweifeln und auch wenn ich vorbereitet und daran gewöhnt bin, ist es immer wieder ermüdend und beleidigend", sagt sie " ich erinnere mich an eine Situation, als ich aus einem Hotel auschecken wollte und der Rezeptionist sah, wer ich bin. Er sah einen Mann in Frauenkleidung. Er lachte mir mitten ins Gesicht. Ich bezahlte für meinen Aufenthalt, eilte hinaus und stieg ins Auto. Ich konnte sehen, dass alle Angestellten mich durch das Fenster beobachteten als ich abfuhr. Diese Situation machte mich unendlich traurig und ich fühlte mich nach diesem Vorfall für lange Zeit sehr niedergeschlagen".
Bewegend und schockierend
Wenn ich über John Jeanettes tägliche Erfahrungen nachdenke und über die Kämpfe, die sie durchgemacht hat nur um sie selbst zu sein, fühle ich mich tief bewegt und auch schockiert. Wie jeder andere auch habe ich die Erfahrung gemacht herauszufinden, wer ich bin. Ich könnte mir mein alltägliches Leben ohne die Freiheit, mich selbst auszudrücken und als das was ich bin anerkannt zu werden, nicht vorstellen.
Für John Jeanette würde eine Anerkennung als Frau bedeuten, dass sie als die Person gesehen wird die sie ist. Sie sieht sich selbst als Frau und findet es schwer weiter zu machen wenn sie von öffentlichen Stellen und bei alltäglichen Situationen weiterhin als Mann bezeichnet wird.
In Norwegen können Transgender Personen nur dann ihr Geschlecht ändern, wenn sie sich einer zwingend vorgeschriebenen medizinischen Behandlung unterziehen, zu der eine psychiatrische Diagnose und eine Sterilisationsoperation gehören. Personen, die wie John Jeanette diese Auflagen nicht erfüllen, bleiben in einem Schwebezustand.
Warten auf Veränderungen
John Jeanette und andere transgender Personen warten jetzt darauf, dass die norwegische Regierung tätig wird. Ein gerechtes, transparentes und offenes Verfahren für die rechtliche Änderung des Geschlechts, das auf der Basis der persönlichen Empfindung der Identität eines Menschen beruht, muss eingerichtet werden. Das Ministerium für Gesundheit und Fürsorge hat zugesagt, dass neue Empfehlungen zu dem Thema im Januar 2015 gemacht werden. Doch es ist nicht klar, welche das sein werden und auch der Zeitrahmen, in dem es umgesetzt wird, ist nicht klar.
Die norwegische Regierung hat jetzt die Gelegenheit, ihre Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen und John Jeanettes Recht auf Privatheit zu respektieren. Niemand sollte für das was jemand ist solchem unwürdigen Verhalten ausgesetzt sein.
Werden Sie aktiv
Bitte fordern sie die norwegische Regierung auf, ein Gesetz zu verabschieden, damit John Jeanette ihr Geschlecht rechtlich ändern kann ohne sich einer vorgeschriebenen medizinischen Behandlung unterziehen zu müssen!