Aktionen | Guatemala : Guatemala: Mutmasslicher staatlicher Mord / Sorge um Sicherheit

Gefährdet: Sulma (alias Kevin Josué Alegria Robles), weitere Transvestiten, die als Prostituierte in Guatemala-Stadt arbeiten und weitere Mitglieder der Organisation OASIS – Ermordet: Paulina (alias Juan Pablo Méndez Cartagena), 22-jährige OASIS-Mitarbeiterin

Am 17. Dezember 2005 wurde der als Prostituierte arbeitende Transvestit Sulma  (alias Kevin Josué Alegria Robles) Berichten zufolge von Polizisten durch einen  Kopfschuss schwer verletzt. Er befindet sich in kritischem Zustand im Krankenhaus.  Ein weiterer ebenfalls als Prostituierte arbeitender Transvestit wurde bei  dem Überfall getötet. Da Sulma Zeuge der Tötung war, ist er in Gefahr, von  den Tätern erneut angegriffen und getötet zu werden. Die Behörden haben bislang  aber nicht auf Anträge reagiert, ihm Polizeischutz zu gewähren.

Am frühen Morgen des 17. Dezember 2005 hielt sich Sulma zusammen mit Paulina  (alias Juan Pablo Méndez Cartagena) in Zone 1 von Guatemala-Stadt an der Kreuzung  zwischen der 4. Avenue und der 11. Straße auf. Plötzlich erschienen dort vier  Männer auf Motorrädern, die Zeugenangaben zufolge Polizei­uniformen trugen,  und forderten die Prostituierten auf, stehen­zubleiben. Dann schossen sie auf  die beiden. Paulina wurde von zwei Schüssen in den Kopf getroffen und starb  wenige Minuten darauf. Sulma überlebte drei Einschussverletzungen und befin­det  sich in kritischem, aber stabilem Zustand im Krankenhaus. Er kann nur mit großer  Mühe spre­chen, da dem Vernehmen nach eine Kugel ihm alle Vorderzähne ausgeschlagen  hat.

Mehrere andere Transvestiten haben die Tat beobachtet, wollen aber keine Aussagen  machen, weil sie Repressalien der Polizei fürchten. Berichten zufolge patrouilliert  die Polizei in den Straßen um den Tatort, um die Zeugen einzuschüchtern.

Seit 1999 engagiert sich Sulma ehrenamtlich bei der Hilfsorganisation „Organización  de Apoyo a una Sexualidad frente al Sida“ (OASIS), die in der Aids-Prävention  tätig ist und Homosexuelle, Bisexuelle und Transsexuelle unterstützt. Paulina  wurde 2004 bei OASIS angestellt. OASIS hat für Sulma im Krankenhaus Polizeischutz  beantragt, und auch der Ombudsmann für Menschenrechte soll beim Innenministerium  Schutzmaßnahmen angefordert haben. Bislang sind diese Anforderungen allerdings  noch nicht umgesetzt worden.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Homosexuelle, Bisexuelle und Transsexuelle sind in Guatemala immer wieder  Angriffen und Drohun­gen ausgesetzt. Besonders häufig werden Transvestiten  angegriffen, die als Prostituierte arbeiten. An diesen Taten sollen oft auch  Polizisten beteiligt sein, was Anlass zu Befürchtungen gibt, dass es sich um  eine „Säuberungs­kampagne“ der Polizei handele. Laut Angaben von OASIS sind  in diesem Jahr in Guatemala-Stadt sieben als Prostituierte arbeitende Transvestiten  ermordet worden. Zudem haben Polizisten mehrfach OASIS-Mitglieder bedroht,  um sie davon abzuhalten, ihr Engagement für die Rechte von sexuellen Minderheiten  in Guatemala fortzusetzen. Im Mai 2003 hatten zwei Männer versucht, den OASIS-Direktor  Jorge López zu entführen, dem aber die Flucht aus dem Auto der Entführer gelang.  OASIS erhebt immer wieder Vorwürfe gegen die Polizei wegen Übergriffen gegen  Prostituierte.

Im Juni 2005 brachten die evangelischen und katholischen Kirchen eine Empfehlung  für eine Geset­zesvorlage ein, die Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren  verhindern soll. Seitdem werden Angehörige sexueller Minderheiten vermehrt  bedroht und angegriffen. Am 7. Oktober 2005 erlag der Transvestit Michelle  (alias Juan Manuel Villa Soto) seinen schweren Kopfverletzungen, die ihm durch  Schläge zugefügt worden waren.

EMPFOHLENE AKTIONEN:

Schreiben Sie bitte Telefaxe oder Luftpostbriefe, in  denen Sie

  • Ihre Sorge um die Sicherheit von Sulma (alias Kevin Josué Alegria  Robles) , anderen Prostituier­ten und Mitgliedern der Organisation OASIS zum  Ausdruck bringen;
  • die Behörden auffordern, in Abstimmung mit Sulma alle erforderlichen  Maßnahmen einzuleiten, um seine Sicherheit zu gewährleisten;
  • bei den Behörden darauf dringen, dass umgehend umfassende Untersuchungen  des Überfalls auf Sulma und Paulina, bei dem letzterer getötet wurde, einge­leitet  und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden;
  • die Behörden auffordern, den Drangsalierungen und Angriffen gegen  Prostituierte, Homo-, Bi- und Transsexuelle ein Ende zu setzen;
  • die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass die Mitglieder  der Organisation OASIS ihre recht­mäßigen Aktivitäten ohne Angst vor Drangsalierungen  fortsetzen können.

APPELLE AN:

Carlos Vielman , Ministro de Gobernación,
Ministerio de Gobernación,
6a Avenida  4-64, Zona 1,
Ciudad de Guatemala,
GUATEMALA
(Innenminister - korrekte Anrede:  Señor Ministro)
Telefax: (00 502) 2362 0237

Fiscal General de la República y jefe del Ministerio Público (Public Prosecutor's  Office) Juan Luis Florido,
8a. Avenida 10-67, Zona 1,
Tercer Nivel Antiguo Edificio del Banco de los Trabajadores,
Ciudad de Guatemala,
GUATEMALA
(Generalstaatsanwalt – korrekte Anrede: Estimado Fiscal General)
Telefax: (00 502) 2251 2218

Director General de la Policía Nacional Civil,
Edwin Johann Spirisen,
6ª Avenida  13-71, Zona 1, 1er nivel,
Ciudad de Guatemala,
GUATEMALA
(Polizeichef – korrekte  Anrede: Estimado Director General)
Telefax: (00 502) 2251 9382

KOPIEN AN:

Dr. Sergio Fernando Morales Alvarado,
Procurador de los Derechos Humanos, 
Procuradoría de los Derechos Humanos (PDH),
12 Avenida 12-72, Zona 1,
Ciudad  de Guatemala,
GUATEMALA
(vom Kongress bestellter unabhängiger Menschenrechtsbeauftragter - korrekte  Anrede: Señor Procurador)
Telefax: (00 502) 2424 1714

OASIS (organización de apoyo a una sexualidad Integral Frente al Sida)
6ª AV. 1-63 Zona 1, Ciudad de Guatemala 01001,
GUATEMALA
(Organisation zur AIDS-Prävention)
Telefax : ( 00 502) 2221 2800 (kombinierter Telefon-/Faxanschluss: nach der  spanischen Ansage 1 eingeben, um ein Fax versenden zu können)

E-Mail : jlopezs@intelnet.net.gt

Kanzlei der Botschaft der Republik Guatemala,
S.E. Herrn Heinz Erich Richter  De
Leon Joachim-Karnatz-Allee 45-47, 2. OG.,
10557 Berlin Telefax: 030-2064 3659
E-Mail: embaguate.alemania(at)t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in in gutem Spanisch, Eng­lisch oder auf Deutsch. Da Informationen in urgent actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Februar 2006 keine Appelle mehr zu verschicken.

Foto: Paulina (alias Juan Pablo Méndez Cartagena)

UA 325/05     
ai-Index: AMR 34/044/2005