Am 11. Juli wurde ein Briefumschlag in dem Haus eines Menschenrechtsverteidigers hinterlegt. Er arbeitet für die Menschenrechtsorganisation "Espacio de Trabajadores y Trabajadoras de Derechos Humanos" (ETTDH) in Barrancabermeja in der im Norden Kolumbiens gelegenen Region Magdalena Medio. Der Briefumschlag war an die Gewerkschaft der Coca-Cola-Niederlassung in Barrancabermeja (Sindicato de Coca Cola Barrancabermeja) adressiert. Später am Tag, bei einem Treffen von ETTDH-Mitgliederorganisationen, darunter auch die Gewerkschaft der Beschäftigten in der Nahrungsmittelindustrie (Sindicato Nacional de Trabajadores de la Industria de Alimentos - SINALTRAINAL), die Beschäftigte der Coca Cola Abfüllanlage vertritt, übergab der Menschenrechtler den Briefumschlag an Juan Carlos Galvis, einen der Gewerkschaftsführer.
Der Briefumschlag beinhaltete Fotos von zwei Kindern von Juan Carlos Galvis und eine Morddrohung mit dem Logo einer paramilitärischen Gruppe, die sich "Armee gegen Landrückgabe Medio Magdalena" nennt. In der Morddrohung wurde Juan Carlos Galvis unter Nennung des Namens einer Tochter und eines Sohnes gefragt: "Wissen Sie wo Ihre Kinder sind?" (Sabe usted donde estan sus hijos?). Mit dieser Drohung wurde ihm ein 24-stündiges Ultimatum gestellt, um die Stadt zu verlassen. Darüber hinaus drohten ihm die Paramilitärs, sie würden Homosexuelle in der Stadt töten, darunter auch Juan Galvis' Sohn. LGBTI-AktivistInnen in Barrancabermeja, die auch zur ETTDH gehören, hatten am 5. Juli eine Demonstration organisiert. SINALTRAINAL und andere ETTDH-Mitglieder unterstützten die Demonstration. Bei einer ähnlichen Demonstration im Jahre 2012 gab es ebenfalls Morddrohungen von Paramilitärs gegen LGBTI-AktivistInnen. Juan Carlos Galvis, der Barrancabermeja aufgrund früherer Morddrohungen verlassen hatte, war in den vergangenen Monaten wegen einer Wahlkampagne des Gewerkschaftsdachverbandes Central Unitaria de Trabajadores (CUT) in der Stadt.
SCHREIBEN SIE BITTE
FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
- Ich möchte meine große Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Juan Carlos Galvis, seine Familie, die Gewerkschaft SINALTRAINAL und LGBTI-AktivistInnen am 11. Juli von einer paramilitärischen Gruppe Morddrohungen erhalten haben. Ich bitte Sie, in Absprache mit den Betroffenen geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um ihre Sicherheit zu garantieren.
- Bitte setzen Sie sich dafür ein, eine umfassende und unabhängige Untersuchung zu den Drohungen einzuleiten. Sorgen Sie bitte dafür, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen anschließend veröffentlicht und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.
- Ich erwarte, dass paramilitärische Gruppen unverzüglich aufgelöst werden. Dies sollte in Einklang mit den von der Regierung eingegangenen Verpflichtungen und den Empfehlungen der UN sowie anderer zwischenstaatlicher Organisationen geschehen.
APPELLE AN
PRÄSIDENT
Sr. Juan Manuel Santos
Presidente de la República de Colombia
Palacio de Nariño, Carrera 8 No. 7-26
Bogotá D. C., KOLUMBIEN
(Anrede: Excmo. Sr. Presidente Santos /
Dear President Santos / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 57) 1 596 0631
INNENMINISTER
Señor Fernando Carillo Flórez
Ministro del Interior
Calle 12B No 8-46, Primer Piso
Bogotá, KOLUMBIEN
(Anrede: Estimado. Sr. Ministro / Dear Minister/ Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 57) 1 283 9876
E-Mail: <link mesadeentrada@mininterior.gov.co>mesadeentrada@mininterior.gov.co</link>
KOPIEN AN
GEWERKSCHAFT
SINALTRAINAL
Calle 71 No 21-89
Barrio de la Libertad
Barrancabermeja
KOLUMBIEN
BOTSCHAFT DER REPUBLIK KOLUMBIEN
S.E. Herrn Juan Mayr Maldonado
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030 26 39 61 25
E-Mail: <link info@botschaft-kolumbien.de>info@botschaft-kolumbien.de</link>
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. August 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
In dem seit langem andauernden bewaffneten Konflikt in Kolumbien bezeichnen Sicherheitskräfte und Paramilitärs Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Organisationen häufig als KollaborateurInnen oder UnterstützerInnen von Guerillagruppen. In der Folge werden sie häufig bedroht, entführt oder getötet. Auch Guerillagruppen haben jedoch schon mehrere MenschenrechtsverteidigerInnen bedroht oder getötet, da sie der Ansicht waren, diese würden mit ihren GegnerInnen zusammenarbeiten.
Die paramilitärischen Gruppen Kolumbiens sollten in einem von der Regierung geförderten und 2003 begonnenen Prozess demobilisiert werden. Aufgrund der Drohungen gegen Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften in der Umgebung von Magdalena und an anderen Orten, ist es jedoch offensichtlich, dass sie weiterhin aktiv sind. Aber auch Guerillaeinheiten sind für zahlreiche Morde und Drohungen in Kolumbien während der vergangenen Jahre verantwortlich.
SINALTRAINAL ist eine im Jahr 1982 gegründete Gewerkschaft, die sich für den Schutz und die Förderung der Arbeitnehmerrechte von Beschäftigten in der Nahrungsmittelindustrie einsetzt. Seit der Gründung der Gewerkschaft wurden mindestens 22 Mitglieder durch Paramilitärs getötet oder gelten als "verschwunden". Dutzende Personen wurden bereits Ziel von Übergriffen oder Morddrohungen.
Während der letzten Jahre war SINALTRAINAL an zahlreichen Arbeitskämpfen beteiligt, in die auch große multinationale Unternehmen involviert waren. Zum Zeitpunkt der Arbeitskämpfe kam es oftmals vermehrt zu Berichten darüber, dass Gewerkschaftsmitglieder vor allem durch Sicherheitskräfte und paramilitärische Gruppen getötet oder bedroht wurden.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
- Expressing concern that Juan Carlos Galvis, his family, SINALTRAINAL and LGBTI activists in Barrancabermeja were all threatened by a paramilitary group on 11 July, and calling on the authorities to provide them with effective protection, in line with their wishes.
- Demanding that the authorities order full and impartial investigations into the threat; publish the results and bring those responsible to justice.
- Urging the authorities to take immediate action to dismantle paramilitary groups, in line with stated government commitments and recommendations made by the UN and other intergovernmental organizations.
UA-178/2013
Index: AMR 23/030/2013