Aktionen | Honduras : Honduras: Sorge um Sicherheit

Honduras: Donny Reyes, Schatzmeister von „Asociación Arcoiris” sowie: Josef Fabio Estrada (alias Debora), Koordinator der „Asociación Arcoiris“

Am 20. April 2007 wurde Josef Fabio Estrada (alias Debora), der als Transvestit und Sexarbeiter tätig ist und sich ebenso wie sein Kollege Donny Reyes für die Rechte sexueller Minderheiten einsetzt, von einer Gruppe von fünf Männern angegriffen. Polizisten, die in der Nähe standen, sollen die Täter ermuntert haben, weiter auf Josef Fabio Estrada einzuschlagen, und nahmen ihn fest, als er einen der Angreifer verletzt hatte. Inzwischen hat man Anklage gegen ihn wegen versuchten Mordes erhoben. Berichten zufolge wird er derzeit unter schlechten Haftbedingungen in einem Gefängnis festgehalten und erhält keine medizinische Versorgung.

Josef Fabio Estrada und zwei weitere als Sexarbeiter tätige Transvestiten hielten sich am 20. April 2007 im bekannten, vornehmlich von Transvestiten und Homosexuellen genutzten Rotlichtviertel im Stadtteil Comayagüela der Hauptstadt Tegucigalpa auf. Gegen 22 Uhr wurden sie von einer Polizeistreife der Polizeiwache Nr. 4 angehalten und durchsucht. Zur selben Zeit bemerkten die Sexarbeiter eine Gruppe von fünf offenbar betrunkenen Männern, die sich ihnen näherten. Die Transvestiten waren in dieser Gegend bereits mehrfach angegriffen worden, fühlten sich aber in der Nähe des Polizeifahrzeugs sicher.

Einer der fünf Männer soll versucht haben, Josef Fabio Estrada die Perücke vom Kopf zu ziehen, und sagte: „Was für eine hässliche Tunte“. Josef Fabio Estrada hielt seine Perücke fest, und die Männer stürzten sich auf ihn, warfen ihn zu Boden und rissen ihm die Kleider vom Leib. Die Polizisten beobachteten Berichten zufolge die Tat, lachten und forderten die Täter auf: „Tötet den Schwulen, macht ihn fertig!“. Die Polizisten sollen die anderen beiden Transvestiten davon abgehalten haben, Josef Fabio Estrada zu helfen. Während des Angriffs soll es diesem jedoch gelungen sein, einen Gegenstand vom Boden aufzuheben – möglicherweise eine zerbrochene Flasche – und sich damit gegen einen der Männer selbst zu verteidigen. Daraufhin schritt die Polizei ein, nahm Josef Fabio Estrada fest und legte ihm Handschellen an. Gegen die Angreifer ging die Polizei allerdings nicht vor.

Josef Fabio Estrada wurde zunächst wegen versuchter Tötung und Diebstahls unter Anklage gestellt. Bei einer Voranhörung am 27. April 2007 wurde die Anklage auf versuchten Mord und Raub erhöht. Seit der Voranhörung wird Josef Fabio Estrada in einem Gefängnis festgehalten, in dem normalerweise keine Untersuchungshäftlinge, sondern verurteilte Straftäter einsitzen. Dem Vernehmen nach befindet er sich in einer Sonderzelle (celda de la muerte), in der Gefangene einsitzen, die an Tuberkulose, HIV/AIDS oder psychischen Krankheiten leiden. Kollegen der Organisation „Asociación Arcoiris“, die ihn am 1. Mai 2007 besuchten, stellten fest, dass er trotz der sichtbaren, auf die Schläge zurück¬zuführenden Verletzungen bislang nicht medizinisch versorgt worden war.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Donny Reyes, der Schatzmeister der „Asociación Arcoiris“, wurde am 18. März 2007 im Stadtteil Comayagüela der Hauptstadt Tegucigalpa dem Vernehmen nach von der Polizei willkürlich in Gewahrsam genommen. Die Polizisten schlugen ihn und brachten ihn anschließend auf die Polizeiwache, wo sie ihn für sechseinhalb Stunde in eine Zelle steckten. In dieser Zeit wurde er von Mitinsassen mehrfach vergewaltigt und geschlagen. Ein Polizeibeamter soll zudem die Täter dazu angestiftet haben. Donny Reyes hat Anzeige erstattet und wird offenbar seit¬dem von der Polizei eingeschüchtert.

Angehörige sexueller Minderheiten, die als Sexarbeiter tätig sind, werden häufig von Polizisten misshandelt, wenn man sie festnimmt und zur Polizeiwache Nr. 4 bringt. Unter anderem setzt man Tränengas gegen sie ein, knebelt sie und fesselt sie mit Handschellen an die Zellengitter.

Die Organisation „Asociación Arcoiris“ sah sich Anfang Mai dieses Jahres aufgrund des Ausmaßes der Drangsalierungen durch die Polizei gezwungen, ihr Büro zu verlegen. Vor ihrem bisherigen Büro waren jeden Tag Polizeifahrzeuge geparkt worden, um Mitglieder der Organisation einzuschüchtern. Mehrmals waren zudem Polizisten grundlos in dem Büro erschienen. Im Sommer 2006 hatten Polizisten das Büro durchsucht.

Laut Angaben honduranischer nichtstaatlicher Organisationen wurden in Honduras zwischen 1991 und 2003 etwa 200 Angehörige sexueller Minderheiten ermordet. Nur in Ausnahmefällen sind Untersuchungen eingeleitet beziehungsweise die Verantwortlichen vor Gericht gestellt worden.

EMPFOHLENE AKTIONEN:

Schreiben Sie bitte weitere Telefaxe oder Luftpostbriefe, in denen Sie

  • sich angesichts der Berichte besorgt zeigen, denen zufolge Polizisten einen tätlichen Angriff auf Josef Fabio Estrada beobachteten, ohne einzugreifen, was dazu führte, dass auch einer der Angreifer verletzt wurde;
  • die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass Josef Fabio Estrada sofort die erforderliche medizini¬sche Versorgung erhält und er aus dem Gefängnis in eine Hafteinrichtung für Untersuchungshäftlinge verlegt wird;
  • Ihre Besorgnis über die Meldungen zum Ausdruck bringen, denen zufolge Polizisten der Polizeiwache Nr. 4 in Tegucigalpa Mitglieder der Organisation „Asociación Arcoiris“ sowie weitere Angehörige sexueller Minderheiten in Gewahrsam brutal misshandelt haben;
  • die Behörden auffordern, eine umfassende und unparteiische Untersuchung des Vorgehens der Polizisten während des Angriffs auf Josef Fabio Estrada einzuleiten und angemessene Maßnahmen gegen diejenigen Angehörigen der Sicherheitskräfte zu ergreifen, die schuldig befunden werden, in Ausübung ihres Dienstes Rechtsverstöße begangen zu haben.

APPELLE AN:

Álvaro Romero, Ministro de Seguridad Pública, Ministerio de Seguridad Pública,  Edificio Pujol, 4to. Piso, Col. Plamira (Blvd. Morazán), Tegucigalpa, HONDURAS
(Minister für öffentliche Sicherheit – korrekte Anrede: Estimado Sr. Ministro)
Telefax: (00 504) 220 4352

Leónidas Rosa Bautista, Fiscal General del Estrado, Ministerio Público, Lomas del Guijarro, Tegucigalpa, HONDURAS
(Generalstaatsanwalt – korrekte Anrede: Estimado Sr. Fiscal General)
Telefax: (00 504) 221 5667

KOPIEN AN:

Comisionado Salomón Escoto Salinas,
Jefe de la Policía Nacional Preventiva,
Apartado Postal 3159,
Tegucigalpa,
HONDURAS
(Polizeichef)
Telefax: (00 504) 237 9070

Asociación Arcoiris,
Avenida República de Chile,
Bloque 2, Casa 701, Barrio San Rafael,
Tegucigalpa,
HONDURAS
(Menschenrechtsorganisation)
Telefax: (00 504) 208 2834
00 504 238 8447
E-Mail: arcoirisghn@yahoo.com

Kanzlei der Botschaft der Republik Honduras;
Cuxhavener Straße 14,
10555 Berlin
(S.E. Herr Roberto Augusto Martinez Castañeda)
Telefax: 030-3974 9712
E-Mail: informacion@embahonduras.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Juni 2007 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION:

Please send appeals to arrive as quickly as possible, in Spanish or your own language:

  • expressing deep concern at reports that police officers witnessed an assault on Josef Fabio Estrada on 20 April, and did nothing to stop it, which also led to one of the attackers being wounded;
  • asking the authorities to ensure that Josef Fabio Estrada is immediately provided with medical attention and moved from the state penitentiary to a place of detention for detainees awaiting trial;
  • expressing deep concern at reports that officers from No. 4 Police Station in Tegucigalpa have severely mistreated members of Asociación Arcoiris and other members of the LGBT community in their custody;
  • urging the authorities to conduct a thorough and impartial investigation into the conduct of the police officers present during the attack on Josef Fabio Estrada, and to impose appropriate sanctions on any officer being found guilty of dereliction of duty or homophobic abuse.

UA 78/07-1
ai-Index: AMR 37/004/2007