Skyline der japanischen Hauptstadt Tokio, August 2023 © Rupert Haag
Skyline der japanischen Hauptstadt Tokio, August 2023 © Rupert Haag

Meldungen | Japan Japan: Bahnbrechende Urteile zur gleichgeschlechtlichen Ehe sind ein lang ersehnter Sieg für LGBTI-Rechte

Als Reaktion auf die heutigen Urteile des Obersten Gerichtshofs von Sapporo und des Bezirksgerichts von Tokio, welche das Verbot der japanischen Regierung zur gleichgeschlechtlichen Ehe als verfassungswidrig bezeichneten, sagte Boram Jang, Ostasien-Researcher von Amnesty International:

AMNESTY INTERNATIONAL

„Die heutigen Gerichtsentscheidungen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung der Ehe in Japan. Das Urteil in Sapporo, die erste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur gleichgeschlechtlichen Ehe im Land, zeigt nachdrücklich den Trend zur Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Ehe in Japan.

Durch die Anerkennung der Verfassungswidrigkeit des staatlichen Verbots der gleichgeschlechtlichen Ehe machen diese Urteile deutlich, dass eine solche Diskriminierung in der japanischen Gesellschaft keinen Platz hat.

Die japanische Regierung muss nun aktiv auf die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe hinwirken, damit Paare die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare genießen können.

Das von der Regierung im vergangenen Jahr verabschiedete Gesetz zur „Förderung des Verständnisses“ für LGBTI-Personen reicht nicht aus. Es müssen konkrete rechtliche Maßnahmen ergriffen werden, um gleichgeschlechtliche Paare und die LGBTI-Gemeinschaft in Japan vor allen Formen der Diskriminierung zu schützen.“

 

Hintergrund

Am 14. März 2024 fällten das Bezirksgericht Tokio und das Oberste Gericht von Sapporo getrennt voneinander historische Entscheidungen in zwei Fällen im Hinblick auf die gleichgeschlechtliche Ehe in Japan.

Das Bezirksgericht Tokio entschied zunächst, dass der derzeitige Rechtsrahmen, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennt, im Hinblick auf die Würde des Menschen und die grundsätzliche Gleichheit der Geschlechter nicht vernünftig zu rechtfertigen ist und als Verstoß gegen Artikel 24 Absatz 2 der Verfassung zu betrachten ist.

In der ersten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur gleichgeschlechtlichen Ehe entschied der Oberste Gerichtshof von Sapporo, dass die Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs und des Familienregistergesetzes, die die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennen, verfassungswidrig sind, da sie gegen Artikel 24 Absätze 1 und 2 und Artikel 14 Absatz 1 der Verfassung verstoßen.

Mit dem Sapporo-Urteil hat die Justiz zum ersten Mal anerkannt, dass das geltende Gesetz, das die gleichgeschlechtliche Ehe verbietet, gegen alle drei Bestimmungen - Artikel 24 Absatz 1 und 2 sowie Artikel 14 Absatz 1 der Verfassung - verstößt.

Dies ist die jüngste in einer Reihe ähnlicher Gerichtsentscheidungen in den letzten Jahren, mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Im März 2021 entschied das Bezirksgericht Sapporo zugunsten eines Paares, das die Weigerung der Regierung, gleichgeschlechtliche Ehen rechtlich anzuerkennen, als verfassungswidrig bezeichnete, während das Bezirksgericht Nagoya im Mai 2023 eine ähnliche Entscheidung traf.

Im Juni 2023 erkannte das Bezirksgericht Fukuoka die Mängel des japanischen Rechtssystems an und schlug vor, dass die Gesetzgebung die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare respektieren sollte. Das Gericht bestätigte jedoch das staatliche Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe. Ein ähnliches Urteil fällte das Bezirksgericht Tokio im November 2022.

Im Juni 2022 wies das Bezirksgericht Osaka die Argumente von drei gleichgeschlechtlichen Paaren - zwei Männern und einer Frau - zurück, die behaupteten, das japanische Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe sei verfassungswidrig.

Unabhängig davon stellte die Stadtverwaltung von Tokio ab November 2022 spezielle Zertifikate für gleichgeschlechtliche Partnerschaften aus. Diese Bescheinigungen entsprechen jedoch nicht vollständig den rechtlichen Vorteilen der Ehe, wie z. B. dem automatischen Erbrecht.

Im Juni 2023 verabschiedete die japanische Regierung ein Gesetz zur „Förderung des Verständnisses“ für LGBTI-Personen. Das Gesetz wurde von Menschenrechtsgruppen stark kritisiert, da es den Schutz der Rechte von LGBTI-Personen vor Diskriminierung nicht abschließend regelt.