Zwölf Millionen Afrikaner_innen wurden von diesem Strand aus mit den Sklavenschiffen eingeschifft. Die Gedenkstätte Port de Non Retour (1995) markiert das Ende der vier Kilometer langen Route des Esclaves von Ouidah, Benin © "Port de Non Retour" by D-Stanley is marked with CC BY 2.0. To view the terms, visit https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/?ref=openverse
Zwölf Millionen Afrikaner_innen wurden von diesem Strand aus mit den Sklavenschiffen eingeschifft. Die Gedenkstätte Port de Non Retour (1995) markiert das Ende der vier Kilometer langen Route des Esclaves von Ouidah, Benin © "Port de Non Retour" by D-Stanley is marked with CC BY 2.0. To view the terms, visit https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/?ref=openverse

Meldungen | Benin Benin: Polizei wird beschuldigt, eine Trans-Frau gewaltsam angegriffen zu haben

Die beninischen Behörden müssen eine rasche, unparteiische und unabhängige Untersuchung des gewaltsamen Angriffs von Polizeibeamten auf eine Trans-Frau einleiten, so Amnesty International heute.

Nadia* erzählte Amnesty International, wie sie am 4. Februar von Bewohner_innen ihres Viertels in der Stadt Ouidah angegriffen und zur Polizeistation Pahou gebracht wurde. Anstatt ihr zu helfen, schlugen die Polizist_innen Nadia mit Stöcken und Macheten, zogen sie nackt aus und fotografierten sie.

"Dieser entsetzliche Angriff muss dringend untersucht werden. Nadia wurde nicht nur von Polizeibeamt_innen schwer geschlagen, sondern auch drei Tage lang festgehalten, während derer sie gezwungen wurde, völlig nackt zu bleiben. Das ist Transphobie in ihrer bösartigsten, abscheulichsten und bedauerlichsten Form", sagte Fabien Offner, Westafrika-Researcher bei Amnesty International.
Nadia erstattete Anzeige gegen die Angreifer_innen und die Polizeibeamt_innen des Polizeireviers Pahou wegen "vorsätzlicher Körperverletzung, Gewalt und Überfall, Diebstahl und unsittlicher Entblößung" bei der Staatsanwaltschaft von Ouidah, die den Eingang der Anzeige am 22. Februar bestätigte.

In der Anzeige beschuldigt Nadia, 22, Motorradtaxifahrer_innen und Bewohner_innen ihres Viertels, sie geschlagen, entkleidet, beraubt und fotografiert zu haben, nachdem sie und drei andere Transgender-Freund_innen am 4. Februar des Diebstahls beschuldigt worden waren.
Die Motorradtaxifahrer_innen brachten Nadia daraufhin zur Polizeistation von Pahou, wo sie ihrer Aussage nach geschlagen, mit Stöcken und Macheten angegriffen, erneut nackt ausgezogen und fotografiert wurde, "um zu sehen, welches Geschlecht ich wirklich habe".

In einer Aussage, die Amnesty International zugesandt wurde, beschrieb Nadia die Gewalt, die sie auf dem Polizeirevier erlitt, im Detail: Sie wurde geschlagen, gezwungen, nackt zu bleiben, beleidigt und mit der Inhaftierung in einer Polizeizelle bedroht, "damit alle dort Sex mit mir haben". Sie sagt, die Polizist_innen hätten sie auf den Boden gelegt, sie getreten und geknebelt, damit sie nicht schreien konnte. Dann wurde sie aufgefordert, sich in der Dusche zu waschen, wo sie von anderen Festgenommenen geohrfeigt wurde.
Nadia verbrachte drei Tage in Haft, wo ihr das Essen vorenthalten und sie gezwungen wurde, völlig nackt zu bleiben. Sie wurde am 6. Februar freigelassen, ohne dass eine Anklage gegen sie erhoben wurde.

Ihr ärztliches Attest vom 9. Februar, das Amnesty International eingesehen hat, kommt zu dem Schluss, dass sie mehrere Wunden an beiden Beinen, am rechten Knöchel und am Rücken davongetragen hat, so dass sie fünf Tage lang arbeitsunfähig war. Amnesty International liegen mehrere Fotos vor, die die Wunden zeigen.

Dies ist nicht das erste Mal, dass Amnesty International transphobe Gewalt in Benin dokumentiert hat. Im vergangenen April wurden drei Transgender-Frauen gezwungen, sich auszuziehen, bevor sie von einer Gruppe von Männern in einer Bar in Cotonou, der Hauptstadt Benins, geschlagen und ausgeraubt wurden. Die Angreifer filmten den Überfall und verbreiteten die Videos in den sozialen Medien. Drei Organisationen, die sich für LGBTI-Rechte einsetzen, erhielten Drohungen, nachdem sie die drei Transgender-Frauen öffentlich verteidigt hatten. Am 30. Juni 2021 verurteilte das Gericht erster Instanz in Cotonou einen der Täter zu 12 Monaten Gefängnis, davon sechs Monate auf Bewährung.
In ihrem Bericht 2020-2021 über die Lage der Menschenrechte in Benin bezeichnete die beninische Menschenrechtskommission die Situation von LGBTI-Personen im Land als "besorgniserregend" und erklärte, dass LGBTI+-Personen in den letzten Jahren körperlichen und sexuellen Übergriffen, willkürlichen Verhaftungen, Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt gewesen seien.

"Dieser jüngste Angriff ist ein klarer Verstoß gegen die Rechte, die in der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker sowie in der Verfassung Benins verankert sind und auf die alle Menschen Anspruch haben. Sie müssen unverzüglich untersucht und die mutmaßlichen Täter vor Gericht gestellt werden", so Fabien Offner.

Hintergrund

LGBTI-Personen sind in Benin häufig Opfer von Gewalt und Drohungen. Und das, obwohl es in Benin in den letzten Jahren bedeutende progressive Entwicklungen gab, wie die Entkriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen im Strafgesetzbuch des Landes im Jahr 2018.

*Name zum Schutz der Identität geändert