deutsche Aktivist_innen aus Kiews Partnerstadt München beim Kiew Pride 2013
deutsche Aktivist_innen aus Kiews Partnerstadt München beim Kiew Pride 2013, © Amnesty International

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Seit 1991 sind sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen erwachsenen Personen in der Ukraine nicht mehr strafbar. Ukrainische Homosexuelle sind aber nach wie vor beträchtlichen Vorurteilen ausgesetzt.

Das führt dazu, dass sie häufig diskriminiert werden, beispielsweise im Arbeitsleben. Außerdem sind sie in Gefahr, Erpressung und anderen Übergriffen seitens der Polizei zum Opfer zu fallen.

Die ukrainische LGBTI Organisation Nash Mir dokumentierte für den Zeitraum zwischen Oktober 2013 und Dezember 2014 54 Fälle von Rechtsverstößen mit dem Hintergrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität des Opfers. Die Organisation betont jedoch, dass sie lediglich in drei ukrainischen Städten mit gezielten Projekten derartige Fälle dokumentiert habe und die tatsächlichen Zahlen somit vermutlich weitaus höher lägen, wenn auf regionaler Ebene entsprechend Daten erhoben würden. 37 der Fälle stufte die Organisation als Hassverbrechen (hate crimes) und durch Hass motivierte Vorfälle ein. Die Organisation betont, dass im Jahr 2014 nicht nur die Zahl der Vorfälle im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sei, sondern auch die Schwere der Übergriffe. So trugen die Opfer gewaltsamer Übergriffe laut Nash Mir schwerwiegendere Verletzungen davon als im Vorjahr. Zudem stieg laut der Organisation die Zahl der Angriffe auf Örtlichkeiten und Veranstaltungen mit LGBT-Bezug. Bislang zeigten sich die ukrainischen Behörden bei der Aufklärung solcher Hassverbrechen zögerlich. Diskriminierung wird bei den Untersuchungen solcher Verbrechen als Motiv zumeist außer Acht gelassen.

Am 20. Mai 2012 wurde die erste Gay-Pride-Parade in Kiew 30 Minuten vor Beginn auf Anraten der Polizei abgesagt, da 500 rechtsgerichtete Fußball-Hooligans offenbar auf dem Weg waren, die Parade zu stoppen. Ein Mitglied des Organisationsteams wurde von einer Bande Jugendlicher verprügelt, ein weiteres mit Tränengas besprüht. Die Polizei ergriff im Vorfeld keine ausreichenden Maßnahmen, um für die Sicherheit der Teilnehmenden zu sorgen.

Im Mai 2013 konnte zum ersten Mal in der Ukraine ein Pride-Umzug erfolgreich durchgeführt werden. Besonders hilfreich war hierbei die Unterstützung durch zahlreiche Diplomat_innen, die persönlich an der Pride teilnahmen. Amnesty International begrüßt, dass sowohl das ukrainische Innenministerium als auch die Polizei für ausreichenden Schutz sorgten und die Pride ermöglichten. Allerdings erwirkte der Stadtrat von Kiew per Gerichtsbeschluss in letzter Minute eine Verlegung des Umzugs vom Stadtzentrum an den Stadtrand, wodurch das Versammlungsrecht der Teilnehmenden beschnitten wurde.

Am 5. Juli sollte die Kiew Pride 2014 stattfinden. Doch sie wurde von der Polizei mit der Begründung abgesagt, sie sei nicht in der Lage, die Sicherheit der Teilnehmenden zu garantieren. Kiews Bürgermeister, Vitali Klichko, äußerte, dass dies nicht die richtige Zeit für solch ein "Unterhaltungsprogramm" gewesen sei.

Am 6. Juni 2015 konnte die Kiew Pride 2015 durchgeführt werden. Eine mangelnde Koordination mit den Veranstalter_innen und das Fehlen eines Evakuierungsplans führten dazu, dass trotz der Präsenz von mindestens 1.500 Polizisten und Soldaten der Nationalgarde ungefähr 10 Demonstrant_innen bei homophoben Angriffen verletzt wurden. Mindestens fünf Polizisten wurden ebenfalls verletzt, einer davon schwer. Aus Sicherheitsgründen wurde die Route bis zum letzten Moment, als über 250 Teilnehmer_innen um 10 Uhr morgens die Demonstration begannen, geheim gehalten. Die Teilnehmer_innen wurden schon kurz nach Beginn anhaltend attackiert. Obwohl die Polizei eingriff, indem sie mindestens 28 Gegendemonstrant_innen verhaftete, gab es Zwischenfälle, in denen sie nicht einschritt. Präsident Petro Poroshenko unterstützte das konstitutionelle verankerte Demonstrationsrecht der Aktivist_innen und Amnesty International überreichte circa 20.000 Unterschriften, um die Behörden dazu zu drängen, die Pride zu schützen. Französische, amerikanische, niederländische und schwedische Diplomat_innen nahmen als Privatpersonen an der Parade teil.

Am 12. November 2015 ergänzte das ukrainische Parlament das Arbeitsgesetz um einen Passus, der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität am Arbeitsplatz gesetzlich verbietet. Es handelt sich anscheinend jedoch lediglich um eine temporäre Ergänzung, da sich gegenwärtig ein neues Arbeitsgesetz im abschließenden Gesetzgebungsverfahren befindet und in ihm LGBTI-Rechte keine Erwähnung finden. Laut Amnesty International Ukraine ermöglicht es dieser Schritt den ukrainischen Entscheidungsträgern kurzfristig die von der Europäischen Kommission vorgegebenen Voraussetzungen für die Einführung der Visa-Freiheit zu erfüllen, langfristige Zugeständnisse bezüglich der Gleichstellung von LGBTI jedoch zu vermeiden.

Die bisherigen Forderungen von Amnesty International bleiben somit bestehen. So fordert Amnesty unter anderem weiterhin, dass der Schutz vor Verfolgung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität in Artikel 1 des ukrainischen Anti-Diskriminierungsgesetzes aufgenommen wird.

Bitte unterzeichen Sie die Petition (Download) an die ukrainischen Behörden, schreiben Sie das aktuelle Datum auf die Petition und senden Sie diese zurück an:

Amnesty International
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Koordinationsgruppe Queeramnesty 2918
Zinnowitzer Straße 8
10115 Berlin

Wir leiten die Petitionen umgehend weiter.

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