Seong-wook So (links) und Yong-min Kim (rechts) zerreißen Papierschilder mit der Aufschrift "Diskriminierung" während einer Pressekonferenz vor dem Obersten Gerichtshof von Seoul am 21. Februar 2023 © Amnesty International Korea
Seong-wook So (links) und Yong-min Kim (rechts) zerreißen Papierschilder mit der Aufschrift "Diskriminierung" während einer Pressekonferenz vor dem Obersten Gerichtshof von Seoul am 21. Februar 2023 © Amnesty International Korea

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Amnesty International hat im Vorfeld einer wichtigen Entscheidung über die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare in Südkorea einen Amicus-Curiae-Brief an den Obersten Gerichtshof des Landes eingereicht.

PRESSEMITTEILUNG

Das Berufungsgericht des Obersten Gerichtshofs wird in Kürze darüber entscheiden, ob gleichgeschlechtliche Partner*innen Anspruch auf eine staatliche Krankenversicherung haben, da sie von ihrem*ihrer Partner*in abhängig sind, wie es bei heterosexuellen Paaren der Fall ist. Ein Paar hatte im Februar 2023 vor dem Obersten Gerichtshof einen Grundsatzprozess gewonnen, in dem entschieden wurde, dass der Versicherungsschutz für Ehepartner*innen im Rahmen des staatlichen Krankenversicherungssystems nicht auf gesetzlich definierte Familien beschränkt und die Verweigerung dieses Rechts für gleichgeschlechtliche Paare diskriminierend ist und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.

Der südkoreanische Nationale Krankenversicherungsdienst (NHIS) legte gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts Berufung ein.

„Gleichgeschlechtlichen Paaren die gleichen Rechte wie andersgeschlechtlichen Paaren zu verweigern, ist schlichtweg diskriminierend. Südkorea muss sich zu Gleichheit, Vielfalt und Inklusion bekennen und sicherstellen, dass alle LGBTI-Personen den gleichen Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sozialleistungen im Land haben“, sagte Boram Jang, Ostasienreferent von Amnesty International.

„Nach internationalem Recht und Standards ist Südkorea stets verpflichtet, Personen vor Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sozialleistungen zu schützen.“

Während 35 Länder auf der ganzen Welt die gleichgeschlechtliche Ehe gesetzlich anerkannt haben, hat Südkorea gleichgeschlechtliche Ehen oder Lebenspartnerschaften bisher nicht legalisiert.

Der Amicus-Curiae-Schriftsatz von Amnesty International hebt einschlägiges internationales und regionales Recht und Standards hervor, die der Oberste Gerichtshof bei der Entscheidung, ob die Verweigerung des Unterhaltsstatus für eine*n Partner*in in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung gegen das Recht auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstößt, zu berücksichtigen hat.

„Alle Behörden in Südkorea sind verpflichtet, die Rechte zu gewährleisten und zu schützen, die in den für das Land verbindlichen internationalen Menschenrechtskonventionen verankert sind. Diese Verpflichtungen sind für den Staat verbindlich, einschließlich aller Regierungszweige - der Exekutive, der Legislative und der Judikative“, so Boram Jang.

„Wie das internationale Recht und Urteile aus anderen Rechtsprechungen bestätigt haben, wirkt sich jede Diskriminierung von Einzelpersonen innerhalb der Gesellschaft auf uns alle aus“.

Hintergrund

Die Gesundheitsversorgung in Südkorea wird durch das NHIS gewährleistet, wobei im Allgemeinen jede im Land lebende Person Anspruch auf dieses öffentliche Versicherungssystem hat. Artikel 5(2)-1 des Nationalen Krankenversicherungsgesetzes legt fest, dass „Ehepartner*in der*des Versicherten“ als unterhaltsberechtigte Personen der*des Versicherten gelten. Die Definition des Begriffs „Ehepartner*in“ ist im Gesetz nicht festgelegt, obwohl der Begriff gemäß den internen Richtlinien der NHIS auch faktische Ehebeziehungen einschließt. Der*die Ehegatt*in der*des Versicherten ist von den Krankenversicherungsbeiträgen befreit.

So Seong-wook und Kim Yong-min gaben ihre Beziehung im Mai 2019 durch eine Hochzeit öffentlich bekannt. Im Februar 2020 meldete So Seong-wook seinen gleichgeschlechtlichen Partner Kim Yong-min erfolgreich als unterhaltsberechtigt an, nachdem sie als Ehepaar zusammengelebt hatten. Nachdem die Geschichte des Paares die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen hatte, erklärte das NHIS die Eintragung als „Fehler“ und widerrief im Oktober 2020 So's Status als Unterhaltsberechtigter. Das NHIS forderte So anschließend auf, die Ehegattenleistungen für den Zeitraum, in dem er als unterhaltsberechtigt galt, zurückzuzahlen.

So reichte daraufhin eine Verwaltungsklage gegen das NHIS wegen der Aberkennung seines Status ein. Das Verwaltungsgericht Seoul entschied am 7. Januar 2022 zugunsten des NHIS und stellte fest, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht mit ihren heterosexuellen Pendants gleichzusetzen sind.

So legte Berufung ein und gewann am 21. Februar 2023 vor dem Obersten Gerichtshof, der das Urteil des Verwaltungsgerichts von Seoul aufhob. Der Oberste Gerichtshof befand, dass die Verweigerung des Versicherungsschutzes für gleichgeschlechtliche Paare diskriminierend sei - ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Gleichstellung der Ehe in Südkorea.

Nach der Aufhebung des ersten Urteils hat der NHIS beim Obersten Gerichtshof Berufung eingelegt.

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