Marbella, eine Trans-Frau aus Guatemala
Marbella, eine Trans-Frau aus Guatemala, © Amnesty International / Sergio Ortiz

Aktionen | Guatemala : Diskriminierendes Gesetz

Der Kongress von Guatemala könnte in Kürze einen Gesetzentwurf verabschieden, der Schwangerschaftsabbrüche, gleichgeschlechtliche Ehen und eine inklusive Sexualerziehung untersagt. Der Gesetzentwurf 5272 „zum Schutz von Familie und Leben“ bedroht unmittelbar die Rechte von Mädchen und Frauen sowie die von LGBTI.

Mädchen, Frauen, LGBTI
10. September 2018
UA-Nummer UA-163/2018
AI Index AMR 34/9028/2018

Sachlage

Der Kongressabgeordnete Aníbal Rojas Espino legte den Gesetzentwurf 5272 zusammen mit 30.000 vom Koordinator der Evangelikalen Kirche in Guatemala gesammelten Unterschriften am 26. April 2017 dem guatemaltekischen Kongress, der aus nur einer Kammer besteht, vor. Die Gesetzesvorlage wurde vom Ausschuss für Gesetzgebung und Verfassungsartikel positiv bewertet und dann am 22. und 28. August 2018 im Kongress debattiert. In einer obligatorischen dritten Lesung in der Plenarsitzung, die schon in den nächsten Tagen stattfinden könnte, könnte darüber abgestimmt und das Gesetz anschließend verabschiedet werden.

Guatemaltekische Organisationen und Menschenrechtsverteidiger_innen berichteten, dass der Kongress den Gesetzentwurf am 4. September diskutieren wollte. Amnesty International veröffentlichte am 31. August einen Aktionsaufruf, um bei den Abgeordneten darauf zu dringen, gegen den Gesetzentwurf 5272 zu stimmen und stattdessen einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, der den Schutz der Menschenrechte voranbringen würde. Doch die Debatte des Gesetzentwurfs bildete nicht Teil der Tagesordnung am 4. September. Menschenrechtsverteidiger_innen vor Ort gehen davon aus, dass dies eine Reaktion auf den internationalen Druck war. Es ist unklar, wann der Gesetzentwurf erneut debattiert werden könnte. Es besteht weiterhin die Gefahr, dass er verabschiedet wird.

Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung des Strafgesetzbuchs mit einer Verschärfung der Strafen bei Schwangerschaftsabbrüchen und der Kriminalisierung auch in Fällen des natürlichen Todes eines Fötus vor. Diese Vorgaben gefährden die Gesundheit und das Leben von Frauen und Mädchen, weil sie ihnen eine lebensrettende Gesundheitsversorgung verweigert. Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen würde auf Fehlgeburten, Totgeburten und Komplikationen bei der Entbindung ausgeweitet und Gefängnisstrafen gegen all diejenigen verhängt, die "den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen bewerben oder ermöglichen" und Guatemala damit hinsichtlich der Rechte auf einen Schwangerschaftsabbruch zurückwerfen.

Der Gesetzentwurf verstärkt darüber hinaus die historische Diskriminierung von Frauen und Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen, da er gleichgeschlechtliche Ehen ausdrücklich untersagt. Zusätzlich verbietet dieser Entwurf Schulen die Förderung von "Maßnahmen und Programmen über sexuelle Diversität und Genderideologien, sowie im Unterricht eine normale Darstellung von anderem als heterosexuellem Verhalten."

Hintergrundinformation

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der UN-Ausschuss über bürgerliche und politische Rechte erkennen beide den kausalen Zusammenhang zwischen Müttersterblichkeit und Gesetzen, die Schwangerschaftsabbrüche einschränken oder kriminalisieren, an. Die WHO hat erklärt, dass Einschränkungen des Zugangs zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen, den Bedarf an Schwangerschaftsabbrüchen nicht verringert und vielmehr die Zahl von Frauen, die einen illegalen und unsicheren Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen erhöht. Dies führt zu einer erhöhten Invaliditäts- und Sterblichkeitsrate und schafft soziale Ungleichheiten.

Als Unterzeichnerin der entsprechenden internationalen Verträge ist die Regierung Guatemalas dazu verpflichtet, die Rechte ihrer Bevölkerung ohne Diskriminierung zu gewährleisten, dazu zählt auch die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität.

In seinen jüngsten Beobachtungen der guatemaltekischen Regierung drückt der UN-Menschenrechtsausschuss seine Sorge über die Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität der Opfer aus sowie über die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und Fehlgeburten und den Mangel an angemessenen reproduktiven Gesundheitsleistungen. Er fordert die guatemaltekische Regierung auf, "den ungehinderten Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsleistungen, Notfallverhütungsmitteln und einer umfassenden Sexualerziehung für Männer, Frauen, Jungs und Mädchen im ganzen Land zu gewährleisten".

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes empfahl seinerseits ausdrücklich, die guatemaltekische Regierung solle "gewährleisten, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheiterziehung Teil des schulischen Lehrplans sind und sie unter Einbeziehung von heranwachsenden Mädchen und Jungen entwickelt wird und besonderes Augenmerk auf die Verhütung früher Schwangerschaften und sexuell übertragbarer Krankheiten legt".

Der Gesetzentwurf 5272 wurde dem Kongress am 27. April 2017 vorgelegt. Die zweite Lesung fand am 28. August 2018 statt. Nun muss der Entwurf in eine obligatorische dritte Lesung in der Plenarsitzung, die schon in den nächsten Tagen stattfinden könnte. Sollte ihm dort grundsätzlich zugestimmt werden, wird eine letzte Abstimmung zu den einzelnen Paragrafen durchgeführt.

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