UA-112/2017
Index: ASA 13/6305/2017
22. Mai 2017
28 MÄNNER IN BANGLADESCH
Am 18. Mai 2017 befanden sich 150 bis 200 Männer bei einer regelmäßigen Veranstaltung in Keraniganj, einer Stadt im Süden der Hauptstadt Dhaka, die viele LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intergeschlechtliche) besuchen. Um 2 Uhr durchsuchten Angehörige des Schnellen Einsatzbataillons (Rapid Action Battalion - RAB), eine Verbrechensbekämpfungs- und Antiterror-Eliteeinheit der Polizei in Bangladesch, das Gemeindezentrum, in dem die Veranstaltung stattfand. Menschenrechtsorganisationen beschuldigen die RAB, eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen wie außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Fälle von Verschwindenlassen begangen zu haben.
Verschiedene Quellen berichteten Amnesty International, dass die Angehörigen der RAB viele der Anwesenden verbal und tätlich angriffen und alle zwangen, sich in einer Reihe aufzustellen. Die Beamt_innen nahmen dann eine "Inspektion" der aufgestellten Besucher_innen vor und nahmen diejenigen fest, die sie aufgrund ihrer Kleidung und ihrer Körpersprache für schwule Männer hielten. Mindestens 28 Personen wurden festgenommen, darunter auch die Besitzer_in des Gemeindezentrums. Die übrigen Besucher_innen durften gehen.
Laut Medienberichten gab der RAB-Kommandant Jahangir Hossain Matuboor an, das RAB habe das Gemeindezentrum durchsucht, weil Ortsansässige Anzeige erstattet hätten. Er fuhr fort, dass Kondome und Drogen auf dem Gelände gefunden worden seien und dass alle Männer nach der Festnahme "homosexuelle Aktivitäten" zugegeben hätten.
Die Männer wurden dann auf die Polizeiwache Keraniganj gebracht, wo sie des Drogenbesitzes gemäß dem Drogenkontrollgesetz von 1990 beschuldigt wurden. Verurteilungen nach diesem Gesetz können lebenslange Haftstrafen und Todesurteile nach sich ziehen. Ein Gericht in Dhaka verweigerte den 28 Festgenommenen am 19. Mai die Freilassung gegen Kaution und änderte die Untersuchungshaft von vier Männern in einen Gewahrsam. Folter und andere Misshandlungen in Haft sind in Bangladesch an der Tagesordnung und Amnesty International ist sehr besorgt um das Wohlergehen der Festgenommenen.
SCHREIBEN SIE BITTE
LUFTPOSTBRIEFE, FAXE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
- Bitte schützen Sie alle Inhaftierten vor Folter und anderen Misshandlungen und gewähren Sie ihnen umgehend Zugang zu Rechtsbeiständen, ihren Familien und jedweder notwendigen medizinischen Betreuung.
- Ich möchte die Polizei von Bangladesch höflich auffordern, die Schikanierung von Angehörigen der LGBTI-Community zu unterlassen und Drohungen gegen sie zielgerichtet zu untersuchen.
- Bitte schaffen Sie alle Gesetze ab, die homosexuelle Handlungen kriminalisieren, dazu gehört auch Abschnitt 377 des Strafgesetzbuchs.
APPELLE AN
GENERALINSPEKTEUR DER POLIZEI
AKM Shahidul Hoque
Police Headquarters
6 Phoenix REoad
Fulbaria 1000 Dhaka
(Anrede: Dear Inspector General /Sehr geehrter Herr Generalinspekteur)
Fax: (00 880) 2 9563 362
E-Mail: <link ig@police.gov.bd>ig@police.gov.bd</link>
KOPIEN AN
INNENMINISTER
Asaduzzaman Khan
Ministry of Home Affairs
Bangladesh Secretariat
Building-8 (1st & 3rd Floor), Dhaka
BANGLADESCH
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 880) 2 957 371 1
E-Mail: stateminister@mha.gov.bd
BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK BANGLADESCH
S. E. Herrn Imtiaz Ahmed
Kaiserin-Augusta-Allee 111, 10553 Berlin
Fax: 030-39 89 75 10
E-Mail: info@bangladeshembassy.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Bengalisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 3. Juli 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
"Homosexualität" ist in Bangladesch eine Straftat, und "der Geschlechtsakt wider die natürliche Ordnung" (Abschnitt 377 des Strafgesetzbuchs) kann bei Höchststrafe mit lebenslanger Haft geahndet werden. Die Kriminalisierung von privatem, einvernehmlichen sexuellen Handlungen mit Menschen desselben Geschlechts verstößt gegen die Rechte auf Privatsphäre und Nicht-Diskriminierung und verletzt die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Bangladeschs, darunter auch die des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte.
In Bangladesch ist die Schikanierung von LGBTI-Menschen durch Sicherheitskräfte an der Tagesordnung und viele LGBTIs haben Amnesty International mitgeteilt, dass sie der Polizei gegenüber äußerst vorsichtig sind. Wer als LGBTI Menschenrechtsverletzungen der Polizei meldet, wird nicht etwa geschützt, sondern oftmals noch von ihr schikaniert, zu "weniger provokativem" Verhalten aufgefordert und sogar mit einer Festnahme oder mit Strafverfolgung wegen "widernatürlicher Straftaten" nach Abschnitt 377 des Strafgesetzbuchs bedroht.
Die Lage von Angehörigen der LGBTI-Community hat sich seit April 2016 in Bangladesch noch erheblich verschlechtert. Damals wurden zwei bekannte LGBTI-Aktivist_innen Xulhaz Mannan und Mahbub Tonoy von der bewaffneten Gruppe Ansar al-Islam mit Macheten angegriffen und getötet. Xulhaz Mannan war der Vorsitzende von Roopban, einer LGBTI-Organisation, die auch die einzige Zeitschrift für LGBTI im Land herausbrachte. Nach diesen beiden Morden haben die Drohungen gegen die LGBTI-Gemeinschaft sehr zugenommen und viele dazu gezwungen, sich zu verstecken oder Bangladesch zu verlassen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Selbstzensur ist inzwischen die Norm und sogar die wenigen noch existierenden Aktivitäten, die von Gruppen wie Roopban organisiert wurden, sind fast alle eingestellt worden.
Regierungsvertreter_innen unterlassen es nicht nur, die Morde zu verurteilen, sondern machen Aussagen wie der Innenministers Asaduzzaman Kamal, der im April 2016 sagte, dass keine Bewegung, die "widernatürlichen Sex" propagiere, in der bangladeschischen Gesellschaft gestattet sei. Diese Aussagen bringen LGBTI in noch größere Gefahr und signalisieren, dass sie vom Staat keinen Schutz erhalten werden. Für nähere Informationen siehe auch den am 2. Mai 2017 auf Englisch veröffentlichten Bericht von Amnesty International: Caught between fear and repression: Attacks on freedom of expression in Bangladesh, www.amnesty.org/en/latest/news/2017/05/bangladesh-dissenting-voices-trapped-between-fear-and-repression/
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
- Calling on the authorities to ensure that all those arrested are not subjected to torture and other ill-treatment and have immediate access to lawyers, their families and to medical care they may require.
- Calling on the police to immediately end all harassment of members of the LGBTI community and to seriously investigate threats made against them.
- Urging the authorities to repeal all laws which criminalise same-sex sexual conduct, including Section 377 of the Penal Code.