Aktion von Amnesty International Bangladesch zum 60-jährigen Jubiläum der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Dhaka, Bangladesch
Aktion von Amnesty International Bangladesch zum 60-jährigen Jubiläum der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Dhaka, Bangladesch, 10. Dezember 2008, © Amnesty International

Aktionen | Bangladesch : 23 Männer gegen Kaution freigelassen

Einige der am 19. Mai festgenommenen Männer sind gegen Kaution freigelassen worden. Ihnen wurde Homosexualität zur Last gelegt.

UA-112/2017-1
AI Index: ASA 13/6499/2017

16. Juni 2017

28 Männer

23 der 28 am 19. Mai bei einer Feier außerhalb von Dhaka festgenommenen Männer sind gegen Kaution freigelassen worden. Die 28 Männer schienen anfangs wegen des Verdachts homosexueller Handlungen unter Verstoß gegen das Strafgesetzbuch festgehalten zu werden, doch dann wurden ihnen Straftaten nach dem Drogenkontrollgesetz von 1990 zur Last gelegt. Bei den übrigen fünf inhaftierten Männern wird am 21. Juni in einer Anhörung über den Antrag auf Freilassung gegen Kaution entschieden. Menschen, die mit den Beschuldigten bekannt sind, wurden zu Befragungen einbestellt.

Von den 28 festgenommenen jungen Männern, die während der Veranstaltung am 19. Mai in der Stadt Kerinaganj südlich der Hauptstadt Dhaka festgenommen wurden, sind inzwischen 23 nach verschiedenen gerichtlichen Anhörungen gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden. Die Anhörung für die noch im Hochsicherheitsgefängnis Kashimpur-Zentralgefängnis inhaftierten fünf Männer ist für den 21. Juni anberaumt. Es ist nicht klar, warum diese fünf Männer immer noch festgehalten werden.

Den Betroffenen wurde zwar Drogenbesitz gemäß des Drogenkontrollgesetzes von 1990 zur Last gelegt, doch Amnesty International geht davon aus, dass die Festnahmen der Tatsache geschuldet sind, dass sich die Männer an dem Ort trafen, an dem sich bekanntermaßen schwule Männer treffen. Amnesty International ist aus unterschiedlichen Quellen darüber informiert worden, dass die Polizei bei den meisten Inhaftierten keine Drogen finden konnte. Verurteilungen nach dem Drogenkontrollgesetz können lebenslange Haftstrafen und Todesurteile nach sich ziehen.

Seit den Festnahmen sind einige, die die Veranstaltung schon vor der Durchsuchung verlassen hatten, entweder von Angehörigen des Schnellen Einsatzbatallions (Rapid Action Battalion - RAB) zwecks eines informellen Gesprächs zum "Tee" eingeladen worden oder wurden aufgefordert, zum Verhör auf die Polizeiwache zu kommen. Amnesty International befürchtet, dass ihre Namen durch Verhöre der Festgenommenen bekannt wurden und diesen Personen nun ebenfalls die Festnahme droht. Mehrere Medien haben zudem Fotos von den gegen Kaution freigelassenen Männern veröffentlicht und sie damit in Gefahr gebracht.

Jede sexuelle Handlung zwischen Männern, auch wenn sie einvernehmlich stattfindet, ist in Bangladesch eine Straftat. Damit verstößt Bangladesch gegen internationale Menschenrechtsnormen. Die Homosexuellenfeindlichkeit gegenüber Einzelnen und ihren Familien führt in Bangladesch in vielen Fällen zum Ausschluss aus der eigenen Gemeinschaft und zum Verlust des Arbeitsplatzes. Amnesty International hat aus Quellen vor Ort erfahren, dass der Arbeitsvertrag eines Mannes infolge der Festnahme beendet wurde und ein anderer das Haus der eigenen Familie verlassen musste.

Appell an:

Generalinspekteur der Polizei
AKM Shahidul Hoque
Police Headquarters
6 Phoenix Road
Fulbaria 1000 Dhaka
Bangladesch

Sende eine Kopie an:

Botschaft der Volksrepublik Bangladesch
S. E. Herrn Imtiaz Ahmed
Kaiserin-Augusta-Allee 111
10553 Berlin

Hintergrundinformation

Am 18. Mai 2017 befanden sich 150 bis 200 Männer bei einer regelmäßigen Veranstaltung in Keraniganj, einer Stadt im Süden der Hauptstadt Dhaka, die viele LGBTI besuchen. Um 2 Uhr durchsuchten Angehörige des Schnellen Einsatzbataillons, eine Verbrechensbekämpfungs- und Antiterror-Eliteeinheit der Polizei in Bangladesch, das Gemeindezentrum, in dem die Veranstaltung stattfand. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen haben über die Jahre eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen - verübt durch die RAB - dokumentiert, darunter außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Fälle von Verschwindenlassen. Verschiedene Quellen berichteten Amnesty International, dass die Angehörigen der RAB viele der Anwesenden mit Worten und tätlich angriffen und alle zwangen, sich in einer Reihe aufzustellen. Die Beamt_innen nahmen dann eine "Inspektion" der aufgestellten Besucher_innen vor und nahmen diejenigen fest, die sie aufgrund ihrer Kleidung und ihrer Körpersprache für schwule Männer hielten. Mindestens 28 Personen wurden festgenommen, darunter auch die Besitzer_in des Gemeindezentrums. die übrigen Besucher_innen durften gehen. Laut Medienberichten gab der RAB-Kommandant Jahangir Hossain Matuboor an, das RAB habe das Gemeindezentrum durchsucht, weil Ortsansässige Anzeige erstattet hätten. Er fuhr fort, dass Kondome und Drogen auf dem Gelände gefunden worden seien und dass alle Männer nach der Festnahme "homosexuelle Aktivitäten" zugegeben hätten. Die Männer wurden dann auf die Polizeiwache Keraniganj gebracht, wo sie des Drogenbesitzes gemäß dem Drogenkontrollgesetz von 1990 beschuldigt wurden.

"Homosexualität" ist in Bangladesch eine Straftat, und "der Geschlechtsakt wider die natürliche Ordnung" (Abschnitt 377 des Strafgesetzbuchs) kann bei Höchststrafe mit lebenslanger Haft geahndet werden. Die Kriminalisierung von privaten, einvernehmlichen sexuellen Handlungen mit Menschen desselben Geschlechts verstößt gegen die Rechte auf Privatsphäre und Nicht-Diskriminierung und verletzt die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Bangladeschs, darunter auch die des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. In Bangladesch ist die Schikanierung von LGBTI durch Sicherheitskräfte an der Tagesordnung und viele LGBTI haben Amnesty International mitgeteilt, dass sie der Polizei gegenüber äußerst vorsichtig sind. Wer als LGBTI Menschenrechtsverletzungen der Polizei meldet, wird nicht etwa geschützt, sondern oftmals noch von ihr schikaniert, zu "weniger provokativem" Verhalten aufgefordert und sogar mit einer Festnahme oder mit Strafverfolgung wegen "widernatürlicher Straftaten" nach Abschnitt 377 des Strafgesetzbuchs bedroht.

Die Lage von Angehörigen der LGBTI-Community hat sich seit April 2016 in Bangladesch noch erheblich verschlechtert. Damals wurden zwei bekannte LGBTI-Aktivist_innen Xulhaz Mannan und Mahbub Tonoy von der bewaffneten Gruppe Ansar al-Islam mit Macheten angegriffen und getötet. Xulhaz Mannan war der Vorsitzende von Roopban, einer LGBTI-Organisation, die auch die einzige Zeitschrift für LGBTI im Land herausbrachte. Nach diesen beiden Morden haben die Drohungen gegen die LGBTI-Gemeinschaft sehr zugenommen und viele dazu gezwungen, sich zu verstecken oder Bangladesch zu verlassen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Selbstzensur ist inzwischen die Norm und sogar die wenigen noch existierenden Aktivitäten, die von Gruppen wie Roopban organisiert wurden, sind fast alle eingestellt worden. Regierungsvertreter_innen unterlassen es nicht nur, die Morde zu verurteilen, sondern machen Aussagen wie der Innenministers Asaduzzaman Kamal, der im April 2016 sagte, dass keine Bewegung, die "widernatürlichen Sex" propagiere, in der bangladeschischen Gesellschaft gestattet sei. Diese Aussagen bringen LGBTI in noch größere Gefahr und signalisieren, dass sie vom Staat keinen Schutz erhalten werden. Für nähere Informationen siehe auch den am 2. Mai 2017 auf Englisch veröffentlichten Bericht von Amnesty International: Caught between fear and repression: Attacks on freedom of expression in Bangladesh, www.amnesty.org/en/latest/news/2017/05/bangladesh-dissenting-voices-trapped-between-fear-and-repression/

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the authorities to ensure police investigations are conducted fairly and promptly to allow the individuals to resume their lives without fear of harassment or intimidation.
  • Urging them to ensure police protection to those who report threats or intimidation based on their real or perceived sexual orientation or gender identity, in consultation with the individuals concerned and in accordance with their wishes.
  • Urging them to repeal all laws which criminalize consensual sexual conduct, including the relevant parts of Section 377 of the Penal Code.

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