Die ukrainische Frauenrechtlerin Vitalina Koval
Die ukrainische Frauenrechtlerin Vitalina Koval, © Amnesty International

Aktionen | Ukraine : Frauenrechtler_innen schützen

Der Internationale Frauentag am 8. März war in der ganzen Ukraine von Gewalt gegen friedliche Demonstrierende gezeichnet. Mitglieder rechtsextremer Gruppen griffen Frauenrechtler_innen gewalttätig an und drohten ihnen mit weiterer Gewalt. Die zuständigen örtlichen Polizeistellen geben an, die Aktivist_innen nicht schützen zu können.

Frau Vitalina Koval
Frau Olena Shevchenko
Herr Aleksandr Peresolyak
Herr Ivan Dyulay
Herr Ivan Danatsko
und weitere Aktivist_innen


16. März 2018
UA-Nummer UA-057/2018
AI Index EUR 50/8066/2018

Sachlage

Am 8. März hielt eine Gruppe von zehn Frauenrechtler_innen in Uschhorod im Westen der Ukraine eine friedliche Demonstration zum Internationalen Frauentag ab. Teilnehmende an dieser Demonstration wurden von sechs Mitgliedern, vier Frauen und zwei Männer, der rechten Organisation Karpatska Sich angegriffen und mit roter Farbe übergossen. Die Frauenrechtlerin, LGBTI-Aktivistin und Mitorganisatorin der Demonstration, Vitalina Koval, erlitt durch die rote Farbe Verätzungen an den Augen und wird zurzeit ärztlich behandelt. Die Polizei nahm die Angreifer_innen fest und klagte drei von ihnen eines Hassverbrechens und der Unruhestiftung an, entließ sie aber weinige Stunden später wieder.

Am 12. März setzten Mitglieder von Karpatska Sich den Aktivisten Aleksandr Peresolyak, der auch an Demonstrationen zum Internationalen Frauentag teilgenommen hatte, in einem Café fest und drohten ihm Gewalt an. Nach diesem Vorfall postete Karpatska Sich auf ihrer Facebook-Seite ein Foto von 18 schwarz gekleideten Männern, deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden und von denen einige den Hitlergruß zeigten. Der Text zu dem Foto lautete: „[Dies ist] eine der nationalistischen Gruppen, die für Ordnung in der Stadt sorgen und denjenigen eine Lektion erteilen wird, die von der Regierung oder von Kriminellen bezahlt werden und bereit sind, die Moral, das Gewissen und das Gesetz der Würde zu vergessen und ihre Befehle auszuführen.“ Am 13. März reichte der Aktivist Ivan Danatsko bei der örtlichen Polizei eine Beschwerde gegen eine geplante rechte Demonstration am 17. März ein. Er begründete die Beschwerde damit, dass auf der Demonstration wahrscheinlich Nazi-Symbole gezeigt werden würden, welche nach ukrainischer Rechtsprechung verboten sind. Ivan Danatsko postete ein Foto von seiner Beschwerde auf Facebook und wurde drei Stunden später auf offener Straße in Uschhorod von Karpatska-Sich-Mitgliedern angegriffen. Am selben Tag wurde Ivan Dyulay, der ebenfalls an der Demonstration am 8. März teilgenommen hatte, vor aller Augen in der Innenstadt von Uschhorod angegriffen und geschlagen.

Zu der Demonstration am 17. März in Uschhorod werden viele rechtsextreme Teilnehmer_innen erwartet. Die Demonstration findet zum Anlass des 79. Jahrestages der Ausrufung der Karpatenukraine (Transkarpatien)statt, einer Region im Westen der Ukraine, in der sich Uschhorod befindet. Da die Polizei am 8. März nicht für die Sicherheit der friedlichen Demonstrierenden vor Angriffen rechter Gruppen gesorgt hat, fürchten Mitglieder der LGBTIQ-Community und örtliche Aktivist_innen nun um ihre Sicherheit während der Demonstration am 17. März. Aktivist_innen haben die Tatenlosigkeit der örtlichen Polizei öffentlich in den Sozialen Medien kritisiert. Die Polizei ist dazu verpflichtet, die friedliche Wahrnehmung der Rechte auf Meinungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.

Hintergrundinformation

In den Jahren 2017 und 2018 stieg die Anzahl rechter Gewalttaten in der Ukraine. 2017 wurden mehrere feministische und LGBTIQ-Veranstaltungen in Kiew, Lwiw, Saporischschja und anderen ukrainischen Städten von rechten Gruppen angegriffen. Dabei wurden die Veranstaltungen gestört und in einigen Fällen wurden Teilnehmende verletzt. Die ukrainische Polizei reagierte nicht angemessen auf diese Vorfälle und nahm die Täter_innen nur selten fest. In allen Fällen, in denen es zu Festnahmen kam, wurden die Betroffenen der Unruhestiftung angeklagt und bald darauf wieder freigelassen.

In diesem Jahr organisierten Frauenrechtler_innen in der ganze Ukraine friedliche Demonstrationen zum Internationalen Frauentag am 8. März. In Kiew, Lwiw und Uschhorod wurden Teilnehmende dieser Demonstrationen von Mitgliedern rechter Gruppen tätlich angegriffen. In Lwiw bewarfen Angreifer_innen einen Straßenbahnwaggon mit Backsteinen, in dem Aktivist_innen eine Demonstration verlassen wollten. Trotz der verfügbaren Videoaufzeichnungen zu der Tat wurde niemand festgenommen. Später am selben Tag erlitt ein weiterer Teilnehmer der Demonstrationen einen Schädelbruch, als er Berichten zufolge von rechtsextremen Aktivist_innen in der Nähe seines Zuhauses geschlagen wurde. Auch in Kiew war der Internationale Frauentag getrübt von rechten Gewalttaten. Angreifer_innen übergossen Demonstrant_innen mit Farbe. Die Polizei nahm keine der Angreifer_innen fest, aber führten auf Grundlage von „Missachtung der Vorgaben für öffentliche Versammlungen“ eine der Organisator_innen ab: Olena Shevchenko. Am 12. März musste die für sie angesetzte Anhörung vor Gericht vertagt werden, da eine Gruppe von etwa 20 Männern das Gerichtsgebäude betreten und Olena Shevchenko und ihrem Rechtsbeistand Oksana Guz Gewalt angedroht hatten. Olena Shevchenko und Oksana Guz mussten einen privaten Sicherheitsdienst rufen, um die Räumlichkeiten sicher verlassen zu können.

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